Marianne Ahlfeld-Heymann: Unterschied zwischen den Versionen

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Marianne Ahlfeld–Heymann, , geb. Marianne Heymann (* 07.02.1905 in Köln; † in ) war eine jüdische Bildhauerin, Kostümdesignerin, Bühnenbildnerin, Maskenschnitzerin und Marionettenbauerin aus Köln  
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Marianne Ahlfeld–Heymann, geb. Marianne Heymann (* 07.02.1905 in Köln; † in ) war eine jüdische Bildhauerin, Kostümdesignerin, Bühnenbildnerin, Maskenschnitzerin und Marionettenbauerin aus Köln  
  
 
==Kindheit und Jugend==  
 
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Musik hatte im Haus Heymann einen hohen Stellenwert. Zudem malte das Mädchen gerne, u.a. an beschlagene Fensterscheiben. ''„Das tat ich einmal in der Straßenbahn und wurde so von dem berühmten Mäzen [http://de.wikipedia.org/wiki/Julius_Elias Julius Elias] ‚entdeckt’. Er bat meine Eltern, mich nach meiner Schulzeit zu ihm nach Berlin zu schicken; er wollte mich ausbilden lassen, ich war damals fünf Jahre alt.“<ref>ebenda, S. 15</ref>'' Dies taten die Eltern jedoch nicht.  
 
Musik hatte im Haus Heymann einen hohen Stellenwert. Zudem malte das Mädchen gerne, u.a. an beschlagene Fensterscheiben. ''„Das tat ich einmal in der Straßenbahn und wurde so von dem berühmten Mäzen [http://de.wikipedia.org/wiki/Julius_Elias Julius Elias] ‚entdeckt’. Er bat meine Eltern, mich nach meiner Schulzeit zu ihm nach Berlin zu schicken; er wollte mich ausbilden lassen, ich war damals fünf Jahre alt.“<ref>ebenda, S. 15</ref>'' Dies taten die Eltern jedoch nicht.  
 
Marianne Heymann wurde in einer liberalen Familie erzogen, die national gesinnt war. ''„Meine Eltern, Großeltern und Urgroßeltern waren Juden, aber sie fühlten sich vor allem als Deutsche. Sie waren freidenkend und nicht religiös, obwohl sie alle ihr Judesein nie verleugnet hatten. Ich wußte, daß ich Jüdin war, aber ich fand das nicht besonders wichtig.“''<ref>Und trotzdem überlebt…, S.22</ref>.  
 
Marianne Heymann wurde in einer liberalen Familie erzogen, die national gesinnt war. ''„Meine Eltern, Großeltern und Urgroßeltern waren Juden, aber sie fühlten sich vor allem als Deutsche. Sie waren freidenkend und nicht religiös, obwohl sie alle ihr Judesein nie verleugnet hatten. Ich wußte, daß ich Jüdin war, aber ich fand das nicht besonders wichtig.“''<ref>Und trotzdem überlebt…, S.22</ref>.  
1914, mit neun Jahren, begeisterte sie sich vorübergehend für den Krieg bzw. Soldaten. In dieser Zeit war sie mit [http://www.fembio.org/biographie.php/frau/biographie/irmgard-keun/ Irmgard Keun] befreundet, beide führten vor Erwachsenen „patriotische Theaterstücke“ auf, um sich damit am Spendensammeln zu beteiligen.<ref>ebenda, S.16</ref> Marianne und Irmgard wollten dies dem Kaiser selbst brieflich mitteilen - und erhielten eine Anklage wegen Majestätsbeleidigung. <ref>ebenda, S.16</ref>  
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1914, mit neun Jahren, begeisterte sie sich vorübergehend für den Krieg bzw. Soldaten. In dieser Zeit war sie mit [http://www.fembio.org/biographie.php/frau/biographie/irmgard-keun/ Irmgard Keun] befreundet, beide führten vor Erwachsenen „patriotische Theaterstücke“ auf, um sich damit am Spendensammeln zu beteiligen.<ref>ebenda, S.16</ref> Marianne und Irmgard wollten dies dem Kaiser selbst brieflich mitteilen - und erhielten laut den Erinnerungen der Künstlerin eine Anklage wegen Majestätsbeleidigung. <ref>ebenda, S.16</ref>  
  
 
==Ausbildung und erste Berufstätigkeit==  
 
==Ausbildung und erste Berufstätigkeit==  
Nach dem Abschluss der Schule 1922 wollte sie eine Schnitzerausbildung erhalten, sie besuchte die Kölner Kunstgewerbeschule, fand aber die Ausbildung unbefriedigend. Daher wechselte sie 1923 nach Weimar: „Ich hatte schon viel gehört über die moderne Kunstschule, das Bauhaus (kursiv) in Weimar. Als nun sein damaliger Leiter und Gründer, (http://de.wikipedia.org/wiki/Walter_Gropius Walter Gropius) […] , in Köln einen Vortrag hielt, ging ich mit meiner Mutter hin.“ <ref>ebenda, S.17</ref> Sie entflammte sich für die praxisnahen Ziele der Schule und konnte die Einwände des Vaters beiseite räumen.  
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Nach dem Abschluss der Schule 1922 wollte sie eine Ausbildung als Holzschnitzerin absolvieren, sie besuchte die Kölner Kunstgewerbeschule, fand aber die Ausbildung im Bereich Holz nicht befriedigend. Daher wechselte sie 1923 nach Weimar: „''Ich hatte schon viel gehört über die moderne Kunstschule, das ''Bauhaus'' in Weimar. Als nun sein damaliger Leiter und Gründer, [http://de.wikipedia.org/wiki/Walter_Gropius Walter Gropius] […] , in Köln einen Vortrag hielt, ging ich mit meiner Mutter hin.“''<ref>ebenda, S.17</ref> Sie begeisterte sich sofort für die praxisnahen Ziele der Schule und konnte die Einwände des Vaters gegen den Studienortwechsel beiseite räumen.  
Ihre Erlebnisse in dieser ganz anderen Ausbildungsstätte schilderte sie in einem Text Erinnerungen an (http://de.wikipedia.org/wiki/Paul_Klee Paul Klee) 1923/24 und 1933. Viele Schüler und Schülerinnen waren zunächst blockiert:“Die meisten luitten unter dem bekannten und gefürchteten ‚Bauhauskater’. Man hatte uns Neue schon darauf vorbereitet. Seine Ursache lag in d er Nivellierung der früheren Werte und der sehre langsamen, tastenden Besitzergreifung neuer Inhalte. Die meisten der Schüler erfuhren später an sich selbst, daß gerade dieser Weg sie zu einem fruchtbaren Schaffen geführt hat. Aber zu Beginn schwebten sie zwischen Zweifel  und Glückstaumel.“ <ref>Marianne Ahlfeld-Heymann: Erinnerungen an Paul Klee 1923/24 und 1933. - In einer zweiten Fassung von 1957 abgedruckt in: . Marianne Ahlfeld-Heymann; Erhard R Wiehn (Hrsg.) Und trotzdem überlebt. Konstanz, Hartung-Gorre  Verlag, 1994,, S. 77-85, S. 80</ref>
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Ihre Erlebnisse an dieser ganz anderen Ausbildungsstätte schilderte sie in einem Text ''Erinnerungen an Paul Klee 1923/24 und 1933''. Viele Schüler und Schülerinnen waren demnach an dem 'heiligen Ort' zunächst blockiert: ''“Die meisten litten unter dem bekannten und gefürchteten ‚Bauhauskater’. Man hatte uns Neue schon darauf vorbereitet. Seine Ursache lag in der Nivellierung der früheren Werte und der sehre langsamen, tastenden Besitzergreifung neuer Inhalte. Die meisten der Schüler erfuhren später an sich selbst, daß gerade dieser Weg sie zu einem fruchtbaren Schaffen geführt hat. Aber zu Beginn schwebten sie zwischen Zweifel  und Glückstaumel.“''<ref>Marianne Ahlfeld-Heymann: Erinnerungen an Paul Klee 1923/24 und 1933. - In einer zweiten Fassung von 1957 abgedruckt in: Marianne Ahlfeld-Heymann; Erhard R. Wiehn (Hrsg.) Und trotzdem überlebt. Konstanz, Hartung-Gorre  Verlag, 1994,, S. 77-85, S. 80</ref>
Bei Oskar Schlemmer besuchte sie die Klasse für Bildhauerei und Bühnenkunst, arbeitet sich u.a. in das Marionetten-Schnitzen ein. Besonders beeindruckt war sie von dem Dozenten Paul Klee: „Wir sahen auf einmal, was wir nie vorher sahen. Jedes seiner Worte öffnete uns einen Blick in nie gesehene Perspektiven. Trotz der scheinbaren Trockenheit seiner Darstellung strahlte sein Wesen jenen suggestiven Geist aus, der uns auch in seinen Bildern gefangen nimmt.“<ref>Marianne Ahlfeld-Heymann: Erinnerungen an Paul Klee 1923/24 und 1933. - In einer zweiten Fassung von 1957 abgedruckt in: Marianne Ahlfeld-Heymann; Erhard R Wiehn (Hrsg.) Und trotzdem überlebt. Konstanz, Hartung-Gorre  Verlag, 1994,, S. 77-85</ref> Sie freundete sich mit dessen Sohn Felix an und verkehrte auch privat im Hause des Schweizer Künstlers.
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Bei Oskar Schlemmer besuchte sie die Klasse für Bildhauerei und Bühnenkunst, arbeitet sich u.a. in das Marionetten-Schnitzen ein. Besonders beeindruckt war sie jedoch von dem Dozenten [http://de.wikipedia.org/wiki/Paul_Klee Paul Klee]: ''„Wir sahen auf einmal, was wir nie vorher sahen. Jedes seiner Worte öffnete uns einen Blick in nie gesehene Perspektiven. Trotz der scheinbaren Trockenheit seiner Darstellung strahlte sein Wesen jenen suggestiven Geist aus, der uns auch in seinen Bildern gefangen nimmt.“''<ref>Marianne Ahlfeld-Heymann: Erinnerungen an Paul Klee 1923/24 und 1933. - In einer zweiten Fassung von 1957 abgedruckt in: Marianne Ahlfeld-Heymann; Erhard R Wiehn (Hrsg.) Und trotzdem überlebt. Konstanz, Hartung-Gorre  Verlag, 1994,, S. 77-85</ref> Sie freundete sich mit dessen Sohn Felix an und verkehrte auch privat im Hause des Schweizer Künstlers.
„Als mit der Übersiedlung des Bauhauses nach Dessau die Holzbildhauerei aufgegeben wurde, kehrte Marianne Ahlfeld-Heymann nach Köln zurück.“<ref>  
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''„Als mit der Übersiedlung des Bauhauses nach Dessau die Holzbildhauerei aufgegeben wurde, kehrte Marianne Ahlfeld-Heymann nach Köln zurück.“''<ref>Geretel Baum-Merom: Sachór we lo tischkách!, in: Ahlfeld-Heymann, S. 7</ref>  
  
 
Im Anschluss an die Ausbildung fertigte sie an die 100 Puppen für einen Puppenspieler, der vor allem in Krankenhäusern und Gefängnissen auftrat.  
 
Im Anschluss an die Ausbildung fertigte sie an die 100 Puppen für einen Puppenspieler, der vor allem in Krankenhäusern und Gefängnissen auftrat.  

Version vom 27. März 2015, 18:08 Uhr

Marianne Ahlfeld–Heymann, geb. Marianne Heymann (* 07.02.1905 in Köln; † in ) war eine jüdische Bildhauerin, Kostümdesignerin, Bühnenbildnerin, Maskenschnitzerin und Marionettenbauerin aus Köln

Kindheit und Jugend

Marianne Heymann wuchs in Köln in einer bürgerlichen Familie mit Dienstboten auf. „Meine Mutter hatte eine schwere Jugend bei einer despotischen Stiefmutter und einem konservativen Vater. Sie wollte studieren, was für ein Mädchen damals kaum möglich und für meinen Großvater unvorstellbar war. Sie heiratete früh und fand in meinem Vater einen verständnisvollen Gefährten, der sehr stolz auf seine kluge und begabte Frau war. Mein Vater war unendlich gütig und hatte ein ausgeprägtes Gerechtigkeitsgefühl.“[1] Gerne ging sie ins Kölner Puppentheater Hänneschen, und schon als Kind liebte sie es, mit Holzgegenständen zu spielen, seien es geschnitzte Tiere oder Holzpuppen.[2] Musik hatte im Haus Heymann einen hohen Stellenwert. Zudem malte das Mädchen gerne, u.a. an beschlagene Fensterscheiben. „Das tat ich einmal in der Straßenbahn und wurde so von dem berühmten Mäzen Julius Elias ‚entdeckt’. Er bat meine Eltern, mich nach meiner Schulzeit zu ihm nach Berlin zu schicken; er wollte mich ausbilden lassen, ich war damals fünf Jahre alt.“[3] Dies taten die Eltern jedoch nicht. Marianne Heymann wurde in einer liberalen Familie erzogen, die national gesinnt war. „Meine Eltern, Großeltern und Urgroßeltern waren Juden, aber sie fühlten sich vor allem als Deutsche. Sie waren freidenkend und nicht religiös, obwohl sie alle ihr Judesein nie verleugnet hatten. Ich wußte, daß ich Jüdin war, aber ich fand das nicht besonders wichtig.“[4]. 1914, mit neun Jahren, begeisterte sie sich vorübergehend für den Krieg bzw. Soldaten. In dieser Zeit war sie mit Irmgard Keun befreundet, beide führten vor Erwachsenen „patriotische Theaterstücke“ auf, um sich damit am Spendensammeln zu beteiligen.[5] Marianne und Irmgard wollten dies dem Kaiser selbst brieflich mitteilen - und erhielten laut den Erinnerungen der Künstlerin eine Anklage wegen Majestätsbeleidigung. [6]

Ausbildung und erste Berufstätigkeit

Nach dem Abschluss der Schule 1922 wollte sie eine Ausbildung als Holzschnitzerin absolvieren, sie besuchte die Kölner Kunstgewerbeschule, fand aber die Ausbildung im Bereich Holz nicht befriedigend. Daher wechselte sie 1923 nach Weimar: „Ich hatte schon viel gehört über die moderne Kunstschule, das Bauhaus in Weimar. Als nun sein damaliger Leiter und Gründer, Walter Gropius […] , in Köln einen Vortrag hielt, ging ich mit meiner Mutter hin.“[7] Sie begeisterte sich sofort für die praxisnahen Ziele der Schule und konnte die Einwände des Vaters gegen den Studienortwechsel beiseite räumen. Ihre Erlebnisse an dieser ganz anderen Ausbildungsstätte schilderte sie in einem Text Erinnerungen an Paul Klee 1923/24 und 1933. Viele Schüler und Schülerinnen waren demnach an dem 'heiligen Ort' zunächst blockiert: “Die meisten litten unter dem bekannten und gefürchteten ‚Bauhauskater’. Man hatte uns Neue schon darauf vorbereitet. Seine Ursache lag in der Nivellierung der früheren Werte und der sehre langsamen, tastenden Besitzergreifung neuer Inhalte. Die meisten der Schüler erfuhren später an sich selbst, daß gerade dieser Weg sie zu einem fruchtbaren Schaffen geführt hat. Aber zu Beginn schwebten sie zwischen Zweifel und Glückstaumel.“[8] Bei Oskar Schlemmer besuchte sie die Klasse für Bildhauerei und Bühnenkunst, arbeitet sich u.a. in das Marionetten-Schnitzen ein. Besonders beeindruckt war sie jedoch von dem Dozenten Paul Klee: „Wir sahen auf einmal, was wir nie vorher sahen. Jedes seiner Worte öffnete uns einen Blick in nie gesehene Perspektiven. Trotz der scheinbaren Trockenheit seiner Darstellung strahlte sein Wesen jenen suggestiven Geist aus, der uns auch in seinen Bildern gefangen nimmt.“[9] Sie freundete sich mit dessen Sohn Felix an und verkehrte auch privat im Hause des Schweizer Künstlers. „Als mit der Übersiedlung des Bauhauses nach Dessau die Holzbildhauerei aufgegeben wurde, kehrte Marianne Ahlfeld-Heymann nach Köln zurück.“[10]

Im Anschluss an die Ausbildung fertigte sie an die 100 Puppen für einen Puppenspieler, der vor allem in Krankenhäusern und Gefängnissen auftrat. „Ich freute mich, daß meine ‚Kinder’ gerade solchen Menschen etwas Frohsinn brachten, die dies so nötig brauchten.“[11] Nach Besuch von Tanzveranstaltungen der expressiven Tänzerin (http://www.fembio.org/biographie.php/frau/biographie/mary-wigman/ Mary Wigman) bzw. des indischen Tänzers Raden Mas Jodjana schuf sie erste Masken, die bei Tänzen eingesetzt wurden. „Die Magie der Maske ließ mich nun nicht mehr los, und eine nach der anderen wollte geschnitzt werden. […] Sie hat ein Eigenleben. Sie ist ein magisches Wesen. Sie beherrscht mich, und so wurde ich zur Maskenschnitzerin.“[12] Sie wollte das Theater näher kennen lernen, erhielt 1926 ein Volontariat an der berühmten Kölner Oper. „Es war mir gelungen, in die Kaschier-Werkstatt zu kommen. Dort wurden Kronen, Braten, Skulpturen usw. aus Pappmaché hergestellt, …“[13] Bis 1928 bildete sie sich an der Kölner Oper bei Hans Strohbach in Bühnenbildnerei und Kostümentwurf fort, wurde 1928 als Assistentin des Bühnenbildners Dr. Löffler am Mannheimer Nationaltheater. 1929 fertigte sie Kostüme für die Oper Hoffmanns Erzählungen, die in Köln aufgeführt wurde und die Schneiderinnen fast überforderte[14]; 1931 war sie an einer Uraufführung für Figurinen und Bühnenbild eingesetzt.

In mehreren Stücken baute sie Provokationen gegen die erstarkenden NationalsozialistInnen ein, u.a. machte sie aus einem Hitler-Bild einen Hampelmann; dies brachte ihr neben bösen Blicken auch Denunziationen und schließlich den Versuch einer Vorladung einbrachte. Inzwischen marschierten sie Nazis auf, ihr Jüdinsein hatte nun große Relevanz: „Da wurde ich von ganzem herzen Jüdin, auch wenn sich das vorerst noch in sehr kindlichen Reaktionen dokumentierte, z.B. in der Absicht, die Haare zu färben.“ [15]


Emigration, Exil in Paris

Bereits 1933 verließ Marianna Heymann Deutschland, denn es verschwanden Freunde und Verwandte. Ein Onkel und eine Tante wurden innerhalb weniger Wochen nach der Machtergreifung ermordet.[16] „Vierzehn meiner nächsten Verwandten und Freunde wurden ermordet.“ Die christliche Köchin schützte die Mutter, die erst 1938 zu ihrem Bruder nach Brüssel emigrierte, der Vater war 1931 gestorben. Ein Onkel gab ihr im April 1933 Geld zur Auswanderung, offiziell galt die Fahrt als Erholungsreise. Sie zog über Ascona nach Paris, wo ein Onkel mütterlicherseits wohnte. U.a. da dieser als Vertreter der Deutschen Bank mit Nazigrößen verkehrte zog die Künstlerin bald aus und fand Arbeit als Zeichnerin bei einem Komitee für EmigrantInnen in St. Maur, das als Kommune auch das Zusammenleben anbot und eine Societé namens Jou-Jou/Elefant Bleu für Holzspielzeug betrieb.[17] Erst dort erlernte sie bei deren technischen Leiter Hermann Ahlfeld die Feinheiten der Holzschnitzerei. Dieser Kunsthandwerker, der auch als Autor tätig war, war ein verfolgter Sozialdemokrat aus Berlin. Marianne Heymann ging bald mit dem kreativen ‚Ausbilder’ und Gründer des Komitees ein sog. Maritalement ein, eine behördlich anerkannte Lebensform ohne Trauung.[18] „Unser Betrieb wurde in Paris bekannt, und wir konnten kaum die vielen Aufträge erledigen, die bei uns eingingen.“[19] Nach dem Scheitern der Societé lebte das Paar trotz einem Arbeitsverbot für EinwanderInnen vom Herstellen von Modeschmuck. Ab 1935 widmete sie sich wieder verstärkt der Produktion von Puppen und Masken, 1936 fertigte sie das Ensemble für eine Guernica-Aufführung. [20] 1937 erhielt sie als Auszeichnung eine Medaille der (http://de.wikipedia.org/wiki/Weltfachausstellung_Paris_1937 Pariser Weltausstellung) von 1937 zugesprochen. Eigentlich hatte die Jury ihr die goldene Medaille zuerkannt, doch sollte sie diese einer Französin überlassen; die Silberne hat sie auch nie ausgehändigt bekommen. 1938 erhielten beide eine Arbeitserlaubnis. Sie fertigte für die Compagnons de la Marionette den „ehrenvollen Auftrag“[21]die eine Marionettenaufführung des bekannten belgischen Autors (http://de.wikipedia.org/wiki/Maeterlinck Maeterlinck), der sie persönlich autorisiert hatte und ihre Arbeit lobte. Als nächstes Projekt wollte sie einen Film drehen, dieses Werk musste sie kriegsbedingt beenden.


1939 - 1949

Nachdem ihr Mann – wie alle deutschen Männer - bereits im September 1939 in verschiedenen Lagern lebte wurde Anfang Mai 1940 auch Marianne Ahlfeld-Heymann für einige Monate in dem südfranzösioschen Frauenlager Gurs interniert, danach konnte sie mit Glück und Unterstützung u.a. durch die Quäker und protestantische Pastoren an verschiedenen orten leben. Sie bekam in der schwierigen Situation des Verstecks drei Kinder (Eva, Martin/Norbert und Jean Marcel, die später Eva, Roni und Hanan genannt wurden). Nach Kriegsende betreuten das Paar überlebende jüdische Kinder, deren Eltern nicht auffindbar waren und begleiteten diese im Januar 1949 bei der Alija nach Palästina.

Israel

„Endlich, endlich ‚gelandet’, keine Angst mehr, im eigenen Land und bei Freunden!“ [22] Sie erbauten mit Freunden ein Haus in dem Dorf Kfar Chaim und richteten Werkstätten für Tischlerei und Schnitzerei ein. Darin produzierten sie zunächst aus Olivenholz Haushaltsgegenstände für neue EinwanderInnen. Das Erlernen der hebräischen Sprache gelang ihr in dieser Zeit wegen Arbeitsüberlastung nicht. 1950 stellte Marianne Ahlfeld-Heymann erstmals in Tel Aviv aus: Marionetten und Masken. Es dauerte lange bis der Erfolg kam. „Meine Masken sind in der ganzen Welt verstreut. Die meisten erwarb ein amerikanischer Sammler irgendwo in New York, dessen Spuren ich verlor.“ [23] 1953 besuchte sie erstmals wieder Deutschland, wo ihre Mutter inzwischen lebte und fand in dem katholischen Kölner Rechtsanwalt Ellscheid einen hilfreichen Unterstützer für ihre Wiedergutmachungsansprüche.Referenzfehler: Für ein <ref>-Tag fehlt ein schließendes </ref>-Tag. Nun gestaltete sie häufiger biblische Motive und zeitgenössische Gesichter - das kleine Museum liegt im Jesrel Tal nahe Nazareth; vgl. Und trotzdem überlebt…, S. 117, </ref> Hermann Ahlefeld erlebte noch seinen 90. Geburtstag, starb 1983, Marianne Ahlfeld-Heymann lebte bis in die 1990er Jahre in einem sog. Elternheim.

Literatur von

  • Marianne Ahlfeld-Heymann; Erhard R Wiehn (Hrsg.) Und trotzdem überlebt. Konstanz, Hartung-Gorre Verlag, 1994, ISBN: 9783891917305
  • darin Biographical remarks [Lebenslauf] S. 117

Literatur über

  • Gemeinschaft der Vereinigungen Deutscher und Oesterreichischer Künstlerinnen und Kunstfreundinnen, Sitz Hamburg (Hg.) ([1932]): Mitglieder-Verzeichnis der Reichsgedok 1932/33. Leipzig: Brandstetter.
  • Becker-Jákli, Barbara: Das jüdische Köln. Geschichte und Gegenwart, Emons Köln 2012, S. 93
  • Matzerath, Horst (Hg.) ([1988]): Jüdisches Schicksal in Köln. 1918 - 1945. [Köln]: Stadt Köln, Abdruck in dem Memoirenband der Künstlerin, S. 108-110
  • Mittag, Gabriele (Hrsg.) Gurs. Deutsche Emigrantinnen im französischen Exil. Berlin 1991

Ausstellungen nach eigenen Angaben[24]

  • Köln
  • München
  • Magdeburg
  • Basel
  • Antwerpen
  • Brüssel
  • Paris
  • New York
  • Jerusalem
  • Tel Aviv
  • Ramat Gan
  • Haifa 1972/3
  • Negev Museum of Art in Beer Sheva

=Einschätzung

Was mich an diesen Aufzeichnungen besonders faszinierte, war ihre Einfachheit, ja Naivität, mit der Marianne Ahlfeld-Heymann den Tatsachen gegenüberstand und ihr Schicksal meisterte. Einfachheit und Naivität sowie eine große künstlerische Begabung halfen ihr, sich und ihre Familie selbst in den schwierigsten Situationen durchzubringen. Tatsächlich hat man den Eindruck, dass sie sich der Schwierigkeiten manchmal gar nicht bewusst war, und sogar die Tatsache, dass sie unter den bedrohlichsten Umständen ihre Kinder zur Welt brachte, war für sie eine Selbstverständlichkeit. Vor ihr und allen, die unter ähnlichen, fast unmenschlichen Bedingungen und Umständen überlebten, habe ich größte Hochachtung.

Archivbestände

  • Nachlass der Kölner Bühnenentwürfe in der Theaterwissenschaftlichen Sammlung, Graphische Sammlung/Universität zu Köln Köln-Wahn

weblinks

wilfridmuseum@gmail.com


Einzelnachweise

  1. Und trotzdem überlebt…, S. 21
  2. Marianne Ahlfeld-Heymann; Erhard R Wiehn (Hrsg.) Und trotzdem überlebt. Konstanz, Hartung-Gorre Verlag, 1994,, S. 15
  3. ebenda, S. 15
  4. Und trotzdem überlebt…, S.22
  5. ebenda, S.16
  6. ebenda, S.16
  7. ebenda, S.17
  8. Marianne Ahlfeld-Heymann: Erinnerungen an Paul Klee 1923/24 und 1933. - In einer zweiten Fassung von 1957 abgedruckt in: Marianne Ahlfeld-Heymann; Erhard R. Wiehn (Hrsg.) Und trotzdem überlebt. Konstanz, Hartung-Gorre Verlag, 1994,, S. 77-85, S. 80
  9. Marianne Ahlfeld-Heymann: Erinnerungen an Paul Klee 1923/24 und 1933. - In einer zweiten Fassung von 1957 abgedruckt in: Marianne Ahlfeld-Heymann; Erhard R Wiehn (Hrsg.) Und trotzdem überlebt. Konstanz, Hartung-Gorre Verlag, 1994,, S. 77-85
  10. Geretel Baum-Merom: Sachór we lo tischkách!, in: Ahlfeld-Heymann, S. 7
  11. Und trotzdem überlebt…, S. 17
  12. ebenda, S. 18
  13. ebenda, S. 18
  14. vgl. die Abbildungen in ebenda, S. 86 ff, vgl. Becker-Jakli, S. 93. Durch einen Zufall erhielt sie Zugriff auf alle bisherigen Entwürfe, die sie so vor der Entsorgung oder Zerstörung durch die Nazis rettete, vgl. Und trotzdem überlebt…, S. 21.
  15. Und trotzdem überlebt…, S. 22
  16. vgl. Und trotzdem überlebt…, S. 22
  17. vgl. Und trotzdem überlebt…, S. 25
  18. Der Sozialist hatte in Berlin bereits ein Selbsthilfeprojekt für Arbeitslose mit Werkstätten und Tauschbörse gegründet, er war u.a. mit Erich Ollenhauer und dem Architekten Prof. Mendelssohn befreundet, vgl. Und trotzdem überlebt…, S. 72. und die Biografie: Marianne Ahlfeld-Heymann: Hermann Ahlfeld (1892-1983), in: ebenda, S.119121
  19. Marianne Ahlfeld-Heymann: Hermann Ahlfeld (1892-1983), S.120.
  20. vgl. Und trotzdem überlebt…, S. 70, dort ist die Rede von einer Guernica-Skulptur, die sie ins Exil rettete.
  21. vgl. Und trotzdem überlebt…, S. 27
  22. vgl. Und trotzdem überlebt…, S. 66
  23. vgl. Und trotzdem überlebt…, S. 71
  24. Biographical remarks [Lebenslauf] S. 117. wir freuen uns über konkrete Hinweise

FrauenGeschichtsWiki ist ein Projekt des Kölner Frauengeschichtsverein e.V. Die meisten Daten stammen aus einem Lebenslauf der Künstlerin sowie ihrer Autobiografie. Weitere Informationen stammen aus unserem Vereinsarchiv. Wir freuen uns über weitere Hinweise an kfvg@netcologne.de