Ursula Linnhoff: Unterschied zwischen den Versionen

Aus FrauenGeschichtsWiki
Wechseln zu: Navigation, Suche
(Publikationen)
(Literatur von)
Zeile 85: Zeile 85:
  
  
==Literatur von ==  
+
==Literatur von Ursula Linnhoff==
 +
* Brunhilde Sauer; Ursula Linnhoff: Berufliche Bildungschancen von Frauen. Analyse der Literatur in der Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Schweden sowie in der CSSR, DDR und UdSSR, Göttingen Schwartz, 1976 (=Schriften der Kommission für Wirtschaftlichen und Sozialen Wandel 35)
 +
Zusammen mit der Kölner Dozentin Brunhilde Sauer gab Ursula Linnhoff diese Studie heraus. Hier handelte es sich um klassische berufssoziologische Forschung.
 +
 
 +
 
 +
* Die neue Frauenbewegung. USA - Europa seit 1968, Köln Kiepenheuer § Witsch 1974 (= pocket 51)
 +
 
 +
Mit dem Sammelband machte sie sowohl die wichtigsten Text der Women's Liberation zugänglich, die seit Mitte der 1960er Jahre erschienen waren, als auch Grundlagentexte bundesdeutscher, ideologisch unterschiedlicher Frauengruppen, u.a. der Kölner Frauengruppen S.O.F.A. und FBA.  Ziel der Publikation war, die Neue Frauenbewegung als weltweites Phänomen zu vermitteln und die unterschiedlichen theoretischen politischen Ansprüche, die verschiedenen Stratgien und Praxen zu dokumentieren. Ein umfangreiches europäisches und nordamerikanisches Adressverzeichnis von organisierten Frauengruppen sollte der Vernetzung zwischen Gruppen und Einzelpersonen dienen.<ref>###</ref> Damit popularisierte sie erstmals die seit Mitte der sechziger Jahre veröffentlichten 'Traktate' der us-amerikanischen Frauenbewegung, der sog. Women’s Lib, aber sie machte auch Ansätze ideologisch verschiedener  westdeutscher Gruppen bekannt.  Hierin führte sie nationale Diskurse und Gruppenbildungen aus Westeuropa und den USA vor.
 +
 
 +
* Zur Lage der Frau im Nahen Osten, in e-f-a, 1974, H. 8, S. 4-9.
 +
 
 +
 
 +
*  „Weibliche Homosexualität. Zwischen Anpassung und Emanzipation“, Köln Kiepenheuer § Witsch 1976 (= pocket 70)
 +
In dieser Veröffentlichung gab Ursula Linnhoff einen knappen Überblick über die bedeutdensten Diskurse. Das Buch wurde ins Spanische übersetzt.<ref>La homosexualidad femenina, Barcelona Anagrama, 1978. 
 +
 
 +
 
 +
* „Zur Freiheit, oh, zu einzig wahren." Schreibende Frauen kämpfen um Ihr Recht, Köln Kiepenheuer & Witsch, 1979
 +
1979 kam Ursula Linnhoff zu ihren Wurzeln zurück, indem sie eine literaturwissenschaftliche Thematik behandelte. Für das Werk  verfasste sie Biografien und analysierte sie Schriften von Vorreiterinnen der Emanzipationsbewegung des 19. Jahrhunderts. Damit machte sie u.a. Frauen wie Mathilde Franziska Anneke oder George Sand bekannter. Aller5dings wurde ihr von der Fachwelt z.T. palgiatorisches Arbeiten vorgeworfen.
 +
 
 +
Nach der Gründung des Vereins „Frauen der Welt e.V.“ gab sie mit zwei anderen Frauen einen Begleitkatalog zu den Afrika-Frauen-Wochen heraus.<ref>Ursula Linnhoff;  Ute Martensen; Brita Rösler: Lumelang Basali! Guten Tag Frauen! Köln 1988.</ref> Auf die Maueröffnung reagierte sie, indem sie mit einer Ost-Frau zusammen einen Interviewband  herausgab, in dem - abwechselnd geführte - Interviews mit Müttern und Töchtern aus Ost und West abgedruckt wurden.<ref>Ursula Linnhoff; Margit Stolzenburg: Einig Frauenland? Mütter und Töchter in West und Ost, Berlin  Verlag Neues Leben, 1995.</ref>
 +
 
 +
Demokratie fällt nicht vom Himmel: Gespräche mit Frauen über die Übergangssituation in der Kaukasusregion; Frankfurt am Main, 2003 IKO - Verl. für Interkulturelle Kommunikation , 2003 , 171 S. , ISBN 3889396682
  
 
==Literatur über ==  
 
==Literatur über ==  

Version vom 11. Dezember 2019, 20:10 Uhr

Ursula Linnhoff (* 27. September 1936 in Wuppertal; † 10. Februar 2011 in Köln (?)) war eine lesbische Sozialistische Feministin und Publizistin in Köln sowie freiberufliche entwicklungspolitische Gutachterin.


Kindheit und Ausbildung

Ihre Kindheit verbrachte Ursula Linnhoff in Wuppertal. Die Eltern waren in der Textilbranche tätig: ihre Mutter Hilde Linnhoff als Hutmacherin, der Vater Gerhard Linnhoff als Herrenschneider. Ggf. hatte sie einen Bruder. Sie wuchs während der Nazizeit auf. Ihre diesbezüglichen Kindheitserinnerungen zeugen von Ambivalenz. "Obgleich ich weiß, daß ich als 6jährige mit einer Papiermütze hinter der Hitlerjugend hermarschierte und vor jedem SS-Uniformierten 'Heil Hitler' machte, erinnere ich mich auch der Zeit, da meine Familie jüdische Geschäftsfreunde versteckte."[1] Als prägendes Kindheitserlebnis blieben ihr die Brandbombenangriffe auf Wuppertal während des zweiten Weltkrieges und die nahe Konfrontation mit dem Tod in Erinnerung.[2] Als erwachsene Frau setzte sie sich aus Ängst vor einem neuerlichen Faschismus intensiv mit dem Nationalsozialismus auseinander.[3]

Das Mädchen machte Abitur auf einer Waldorfschule.[4]

Anschließend studierte Ursula Linnhoff in Freiburg, Wien, Münster, Paris und Wien die Fächer Germanistik, Romanistik, Erziehungswissenschaft und Theaterwissenschaft. Sie war sehr Literatur-begeistert, russische und französische AutorInnen haben sie besonders fasziniert. Schon während ihrer Studienzeit und auf Reisen unterhielt Ursula Linnhoff intensive Kontakte zu ausländischen Kommilitonen oder Mitreisenden und lernte Überlebende der Nazidiktatur kennen. "[...] in den fünfziger Jahren befreundete ich mich in Wien mit einer französischen Kommilitonin, die, wie sie mir später erzählte, nur um ein Haar einer 'Frauen- und Kinder-Geisel-Erschießung' entgangen war."[5] Dennoch war sie längere Zeit arglos, was ihr deutsche Vergangenheit anging. In einer späteren Reflexion erinnert sie sich:

"Ebenso sind mir noch Gespräche in Jugendherbergen in England, Ende der fünzfiger Jahre auf Jiddisch im Ohr, in denen ich mich mit jungen Juden aus Osteuropa, die nach Israel einwandern wollten, über Nazi-Deutschland unterhielt. Immer wieder vertrat ich damals die Meinung, diese Nazi-Geschichten gingen mich nichts an, von der Schuld jener Zeit fühlte ich mich frei. Ich sei damals noch ein Kind gewesen und in iedem Falle würde ich international empfinden. Weiß Gott, ich dachte wirklich so und mit Deutschen fühlte ich mich - studierend zwischen London, Wien und Paris - so wenig identifiziert wie mit Adenauer und der CDU."[6]
Erst ein Kinobesuch brachte die Wende, sie wurde durch den Film Nacht und Nebel von Alain Resnais mit den Gräueln konfrontiert:
"[...], ich denke auch an einen Film mit vielen Skeletten und Leichen in Massengräbern. Ich vergesse diesen Film nie, ich muß etwa im Jahre 1959 mit meiner damaligen Zimmerwirtin hinein gegangen sein. Uns war hinterher hundeelend, und wir tranken gemeinsam eine ganze Flasche Korn, um wieder einigermaßen fröhlich zu werden."[7]

Erste Berufstätigkeit

1969 zog Ursula Linnhoff nach Köln und arbeitete im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaftliche Zusammenarbeit als entwicklungspolitische Gutachterin und weilte zu längeren Aufenthalten in Südamerika. Sie bezeichnete sich damals als Wissenschaftlerin im Staatsdienst.[8] Nach wenigen Jahren der Berufstätigkeit begann sie 1971, an der Universität zu Köln Soziologie zu studieren und schied mit 35 Jahren "aus dem etablierten Berufsleben aus".[9] Fortan war sie u.a. im Sektor Erwachsenenbildung und als Journalistin tätig.


Politisches Engagement

Mitgerissen von dem Aufbruch junger Linker wurde Ursula Linnhoff Mitglied der SPD (ob sie SDS-Mitglied war muss noch offen bleiben) und war - zumindest in ihren späteren Lebensjahren - aktiv in der Gewerkschaft.[10] Ihre "zweite" Heimat war die Linke rund um den Republikanischen Club.

"Ich schloß mich psychisch der Apo-Studentengeneration an. Ich dachte wie die nach über Feminismus, Sozialismus, Politik, Individuum und Gesellschaft Individuum und Sexualität, d.h. über all die Dinge, worüber die meisten meiner Generation, die jetzt Anfang 40jährigen, nie reflektiert haben.“[11] „Wenn ich an die Anfänge meiner Arbeit in der Bewegung denke, werde ich allemal nostalgisch: Ich nenne die Jahre 1971 und 72 so meine ‚wilden politischen’ Jahre. Damals saßen wir, die Frauengruppen, Seite an Seite mit Elterninitiativen, Kinderladeninitiativen, Gruppen und Grüppchen im republikanischen Club. Alles war zu tun, alles war zu ändern. Wir glaubten, jede Veränderung müsse morgen schon eintreten. Der Glaube war gigantisch. So organisierten wir beispielsweise einen eigenen Wahlkampf für die Unterstützung der sozial-liberalen Koalition."

Obwohl Anhängerin des Sozialismus suchte sie die Verwirklichung ihrer Utopie in der SPD, betonte explizit, sie sei "keine DKP-Sympatisantin" (sic), wobei sie die Berufsverbote ablehne.[12]


Neue Frauenbewegung /Frauenforum

Die dritte politische Heimat wurde die Frauenbewegung. Die politisch interessierte Frau engagierte sich um 1971 in der Neuen Frauenbewegung und stellte diesen politischen Zusammenhang als ihre wichtigste Identifikationsbasis dar.[13] Zunächst war sie in einer eher bürgerlichen Gruppe, dem Frauenforum Köln e.V., aktiv. Hier agierten mehrheitlich Hausfrauen und Mütter.[14] In dieser Organisation lernte Ursula Linnhoff die charismatische Ursula Erler kennen, die über die sprengstoffgeladene Begegnung mehrere literarische Texte verfasste.[15]

"Damals wurde auch manche Frauenfreundschaft für das Leben geschlossen. Manche dauern bis heute noch an, manche gingen inzwischen kaputt; da war zum Beispiel die Freundschaft mit Ursula Erler, die ich damals zum Eintritt in die SPD bewegte [...]. Lange diskutierten wir damals, welche unsterblichen feministischen Werke zu konzipieren wären. Wir wollten schon damals, 1971, einen Verlag gründen und vieles mehr. Nun, die Freundschaft zerschlug sich, die Kooperation auch; Frauenverlage wurden erst sehr viel später gegründet.[16].

Aber sie beruteilte sich selbst auch durchaus kritisch:

"Als ich 1971 im Anschluß an eine Veranstaltung zum Thema ‚Frauen-Emanzipation’ durch das Kölner Politische Nachtgebet eine Frauengruppe mitgründete, war ich noch ganz die auf Effizienz getrimmte, aufstiegsbewußte, zwar von beruflicher Diskriminierung betroffene, jedoch voll männeridentifizierte Patriarchalin mit Aktenkoffer und Pfennigabsätzen. Sie muß ich heute belächeln, denn seitdem ist viel geschehen [...]".[17]


Sozialistisch-Feministische Aktion / SOFA

1973 gründete Ursula Linnhoff mit anderen Frauen zusammen, die Gruppe Sozialistisch-Feministische Aktion / SOFA Köln, die sich aus dem Frauenforum heraus gelöst hatte. Schwerpunkt dieser Formation war die Auseinandersetzung mit dem herrschenden kapitalistischen und patriarchalen System und der Versuch, den Kampf gegen den Kapitalismus und gegen das Patriarchat zu vereinen.

"Wir verteilten Flugblätter mit dem Aufruf _Frauen in den Betriebsrat" vor der Firma 4711 und verstanden nicht, daß die Betroffenen uninteressiert waren. Wir verstanden nicht, daß die Gewerkschaftsfrauen nicht mit uns reden wollten."[18] [...] "Wenn ich heute mit manchen Frauen aus unserer damaligen Gruppe, der sozialistisch-feministischen Aktion, ein Name, der vom Wort Sofa her gefunden wurde, weil wir uns auf den Sofapolstern des republikanischen Clubs so gut räkeln konnten, so verstehen wir selbst nicht mehr, wie wir so ungemein euphorisch sein konnten. Auf der anderen Seite - vielleicht sind wir es ja heute noch, sonst würden wir ja gar nicht mehr in der Frauenbewegung arbeiten, wir würden gar nicht mehr weiterkämpfen, so viele Hindernisse in Kauf nehmen, in diesem so traurigen Land.“[19]

Ihr Credo lautete:

"Ich bin Frau, ich bin sozialistisch-feministisch, aber ich bin auch ein Mensch, der an allen Fronten versucht, für die Bedingungen und Freiheiten zu kämpfen, die eine menschliche Gesellschaft auszeichnen sollte. Und in diesem Sinne werde ich mich sowohl gegen die Stiefeltritte der Männer wie auch gegen solche von Frauen wehren. Frauen, ich möchte gemeinsam mit Euch stark sein können, gegen das Patriarchat, gegen den Kapitalismus, gegen den Faschismus! Doch ich möchte auch mit Euch schwach sein können, im Vertrauen auf Euer Verzeihen, Eure Zuneigung und Solidarität, die wir für den Kampf brauchen!"[20]

In späteren Jahren war sie von den Verkehrsformen unter Feministinnen sehr enttäuscht, sprach von 'Kopf-ab`-Gehabe, machte einen "Trend zur heimlichen Gewaltsamkeit" aus, "der mich schütteln läßt."[21]

e-f-a

Im Redaktionskomitee der Zeitschrift e-f-a, die vierteljährlich erschien und bei der auch ihre Lebenspartnerin mitarbeitete, verantwortete Ursula Linnhoff mehrere Ausgaben und verfasste Artikel und Gedichte.[22] Die Redaktionsadresse war längere Zeit identisch mit der Privatadresse der Journalistin. 1977 veröffentlichte die vierzigjährige Ursula Linnhoff im letzten Heft der e-f-a einen Rückblick auf ihr politisches Leben „Sieben Jahre danach…“.[23]


Lesbianismus

Die vierte politische Heimat wurde die Homosexuellenemanzipationsbewegung. Die Aktivistin lebte relativ offen lesbisch, was in den frühen 1970ern noch nicht üblich war. Sie lebte ca. 30 Jahre mit ihrer Partnerin Karin Brücher zusammen und unterhielt freundschaftliche Kontakte zu schwulen (männlichen) Aktivisten; zeitweilig lebte sie in einer Wohnung mit der 'Ikone' der Kölner Schwulenbewegung, Jean-Claude Letist. in Artikeln erwähnt sie auch "manche weniger intensive 'Männerbeziehung".[24]

Schon für die erste Ausgabe der Zeitschrift e-f-a stellte eine Mitarbeiterin, vermutlich Ursula Linnhoff, einen Text über Lesben in den USA zur Verfügung.[25] Die Verfasserin lehnte die radikalfeministische Position der Radical Lesbians ab, nach der Lesbischsein eine Avantgarde-Position impliziere.
"Wir meinen, dass sich auch in homosexuellen Beziehungen das Geschlechtsrollensystem - weiblich - männlich repoduzieren kann, auch in Beziehungen wirklicher Homosexueller. Nicht dadurch, daß eine Frau homosexuell ist, hat sie auch schon per se männerfixierte Verhaltensweisen überwunden."[26]
Es bestehe sogar die Gefahr, dass sich einzelne Lesben hypermaskulin verhalten würden. Die Verfasserin, vermutlich Ursula Linnhoff, hob hervor:
"Wie es unter den heterosexuellen Gruppen der Frauenbefreiungsbewegung solche gibt, die sich vorwiegend mit Theorie und Praxis gesellschaftlicher Emanzipation beschäftigen und solche, die sich mit persönlicher Emanzipation, mit Selbstfindung und Selbstbewußtseinsbildung befassen, so wird es auch unter den homosexuellen Frauen diese zwei Gruppen geben."
Sie selbst befürwortete als Sozialistin auch hier das allgemeinpolitische Engagement der Lesben:
"In dem Moment aber, wo die weiblichen Homosexuellen es fertigbringen, ihre Sozialisierungszwänge zu verlassen, in dem Moment werden auch sie für alle, die auf eine progressive Veränderung der Gesellschaft hinzielen, zu wertvollen Verbündeten. Damit ist dann die Sache der weiblichen Homosexuellen zu einem Faktor in einem übergreifenden, nicht mehr individuellen, sondern gesellschaftlichen Anliegen geworden."[27]

Um die Diskriminierung zu vermindern forderte sie, Lesben nicht länger durch die Wahl ihres Sexualobjekts zu definieren, konnte aber auch keine überzeugenden Alternativen bennenen.[28]

Jede Ausgrenzung von Lesben gegenüber bisexuellen Frauen lehnte Linnhoff ab, weswegen sie sich von der Praxis des sog. Pfingsttreffens 1977 geschockt zeigte, das bisexuelle Frauen ausgeladen hatte.[29] Da sie dies auch in den Kontext aufkommenden Faschismus stellte, erhielt sie scharfe Gegenreaktionen.[30]

Publikationen

Linnhoffs Veröffentlichungsliste weist heterogene Thematiken auf, es gibt sowohl institutionell beauftragte als auch freie journalistische und frauenbewegte Publikationen.

Nicht wenige Texte riefen Kritik auf.

Internationalismus

Ursula Linnhoff klnüpfte schon als Jugendliche begeisert Kontakte zu menschen anderer herkunft. Sie hat durch ihre Berufswahl im Sektor Entwicklungshilfe mehrere Kontinente und viele Länder bereist, in Afrika und Südamerika zeitweilig gelebt. Ursula Linnhoff war eine der ersten Frauen, die im Westen auf die Thematik der Beschenidung von Mädchen in afrikanischen Kulturen hinwies.[31] Diese Aktivitäten fanden in der Zeit vor der Kritik schwarzer und jüdischer Frauen an der (radikalen) Frauenbewegung statt.

Als Folge ihrer als Expertin im Dienste des Entwicklungshilfe-Ministeriums gewonnen Kenntnisse und als weiteres frauenpolitisches Engagement gründete sie in Köln den Verein „Frauen der Welt e.V.“ mit. Er gab Publikationen heraus und organisierte Ausstellungen in Zusammenarbeit mit dem FrauenMuseum Bonn. In einer Selbstdarstellung heisst es: "Frauen der Welt ist von Frauen der unterschiedliochsten Berufsgruppen gegründet worden. Alle Frauen, die aus den unterschioedlichsten Gruppierungen der 'Neuen Frauenbewegung' kommen, haben sich entschieden, z.B. sowohl Frauen-, als auch Jugendfragen im Rahmen internationaler Zusammenarbeit anzugehen und so nach Strategien für interkultrurelle Kommunikation zu suchen."[32] In späteren Jahren engagierte sie sich gegen Ausländerfeindlichkeit und verknüpfte 1977 den Anstieg von Übergriffen mit neuem Faschismus.[33]


Lebensende/Nachrufe

In ihren letzten Lebensjahren beschäftigte sie die Auseinandersetzung mit dem Krieg im ehemaligen Jugoslawien. Das Leid der dortigen Menschen hat sie in bisher noch nicht veröffentlichen lyrischen Texten dargestellt.[34] Ursula Linnhoff starb mit 75 Jahren, sie ist auf dem Poppelsdorfer Friedhof in Bonn beerdigt.



Literatur von Ursula Linnhoff

  • Brunhilde Sauer; Ursula Linnhoff: Berufliche Bildungschancen von Frauen. Analyse der Literatur in der Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Schweden sowie in der CSSR, DDR und UdSSR, Göttingen Schwartz, 1976 (=Schriften der Kommission für Wirtschaftlichen und Sozialen Wandel 35)

Zusammen mit der Kölner Dozentin Brunhilde Sauer gab Ursula Linnhoff diese Studie heraus. Hier handelte es sich um klassische berufssoziologische Forschung.


  • Die neue Frauenbewegung. USA - Europa seit 1968, Köln Kiepenheuer § Witsch 1974 (= pocket 51)

Mit dem Sammelband machte sie sowohl die wichtigsten Text der Women's Liberation zugänglich, die seit Mitte der 1960er Jahre erschienen waren, als auch Grundlagentexte bundesdeutscher, ideologisch unterschiedlicher Frauengruppen, u.a. der Kölner Frauengruppen S.O.F.A. und FBA. Ziel der Publikation war, die Neue Frauenbewegung als weltweites Phänomen zu vermitteln und die unterschiedlichen theoretischen politischen Ansprüche, die verschiedenen Stratgien und Praxen zu dokumentieren. Ein umfangreiches europäisches und nordamerikanisches Adressverzeichnis von organisierten Frauengruppen sollte der Vernetzung zwischen Gruppen und Einzelpersonen dienen.[35] Damit popularisierte sie erstmals die seit Mitte der sechziger Jahre veröffentlichten 'Traktate' der us-amerikanischen Frauenbewegung, der sog. Women’s Lib, aber sie machte auch Ansätze ideologisch verschiedener westdeutscher Gruppen bekannt. Hierin führte sie nationale Diskurse und Gruppenbildungen aus Westeuropa und den USA vor.

  • Zur Lage der Frau im Nahen Osten, in e-f-a, 1974, H. 8, S. 4-9.


  • „Weibliche Homosexualität. Zwischen Anpassung und Emanzipation“, Köln Kiepenheuer § Witsch 1976 (= pocket 70)

In dieser Veröffentlichung gab Ursula Linnhoff einen knappen Überblick über die bedeutdensten Diskurse. Das Buch wurde ins Spanische übersetzt.Referenzfehler: Für ein <ref>-Tag fehlt ein schließendes </ref>-Tag. Auf die Maueröffnung reagierte sie, indem sie mit einer Ost-Frau zusammen einen Interviewband herausgab, in dem - abwechselnd geführte - Interviews mit Müttern und Töchtern aus Ost und West abgedruckt wurden.[36]

Demokratie fällt nicht vom Himmel: Gespräche mit Frauen über die Übergangssituation in der Kaukasusregion; Frankfurt am Main, 2003 IKO - Verl. für Interkulturelle Kommunikation , 2003 , 171 S. , ISBN 3889396682

Literatur über

anschauen Die Frau in der Gesellschaft Stuttgart : Reclam-Verlag , 197

weblinks

Einzelnachweise

  1. Vgl. Ursula Linnhoff: Ängste einer sozialistischen Feministin vor dem Faschismus, in: e-f-a, 1977, H. 13, S. 4-6, hier S. 4.
  2. Vgl. Ursula Linnhoff: Ängste, S. 4.
  3. Vgl. Ursula Linnhoff: Das faschistische Frauenbild in Deutschland, Italien und unter dem Vichy-Regime, in: e-f-a, Jg. 5,1977, H. 13, S. 7-9.
  4. In Frage kommen die Rudolf-Steiner-Schule, die Christian Morgenstern Schule oder die Troxler Schule.
  5. Vgl. Ursula Linnhoff: Ängste, S. 4.
  6. Vgl. Ursula Linnhoff: Ängste, hier S. 4.
  7. Vgl. Ursula Linnhoff: Ängste, S. 4.
  8. Eine frühe Veröffentlichung ist Die Rolle der Frau in Entwicklungsländern. Möglichkeiten der Kooperation zwischen Frauenorganisationen; [der] Fall Chile, Freiburg i. Br. [um 1969/1970] im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaftliche Zusammenarbeit, Arnold-Bergstraesser-Institut.
  9. Ursula Linnhoff: „Sieben Jahre danach…“, in: e-f-a, Jg. 5, 1977, H. 14/15, S. 3.
  10. Vom 1.2.2003 bis 10.2.2011 war sie Mitglied im Verband deutscher Schriftsteller, Bezirk Köln.
  11. Ursula Linnhoff: „Sieben Jahre danach…“, in: e-f-a, Jg. 5, 1977, H. 14/15, S. 3.
  12. Vgl. Ursula Linnhoff: Ängste, hier S. 5.
  13. Vgl. Ursula Linnhoff: Ängste, hier S. 5.
  14. Julia Bähr (d.i. Claudia Pinl: Klatschmohn. Eine Geschichte aus der Frauenbewegung, Köln Kiepenheuer & Witsch 1984 schrieb „Ursel Linnhoff, eine Wucht von Weib, mit scharfem Witz und böser Zunge, hatte die älteste Kölner Frauengruppe mitgegründet, das Frauenforum. Das Frauenforum seinerseits war 1970 (sic) aus einem „Politischen Nachtgebet“ hervorgegangen“.
  15. Ursula Erler: Die neue Sophie oder Der Beginn einer längst fälligen Gattung der Literatur, Starnberg Raith 1972 (Kapitel 8); Ursula Erler: Die Lesbe, in: Lange Reise Zärtlichkeit, Köln Literarischer Verlag Helmut Braun KG 1978, S. 98-102.
  16. ebenda, S. ___
  17. Ursula Linnhoff: „Sieben Jahre danach…“, in: e-f-a, Jg. 5, 1977, H. 14/15, S. 3.
  18. S. 3-4.
  19. Ebenda, S. 4.
  20. ebenda.
  21. Vgl. Ursula Linnhoff: Ängste, hier S. 5.
  22. Z.B. die Gedichte Männer IV / Verdienste, in: e-f-a, Jg. 2, 1974, H. 5, S. 11; Männer I, in e-f-a, 3. Jg. 1975. H. 8, S. 16; Rezesion zu "Psychoanalyse der weiblichen Sexualität", in H. 6/7 1974/75, S. 30.
  23. Die Reflexionen waren durch die zahlreichen Rückblicke von Männern ihrer Generation angeregt, die als 68er (oder 67er) „von ihren Sünden und Fehlern berichten, ein Fazit ziehen, nachdem wo ich hinschau, in vielen Blättern Nostalgie und geschichtszugewandte Rückbesinnung erfolgt, bin auch ich eingestimmt, meinerseits Bilanz zu ziehen im Zusammenhang zur Neuen Frauenbewegung, in der ich nun schon seit sieben Jahren arbeite.“ Sie wolle vermitteln, wie sie die Zeit erlebt habe und noch erlebe, und sie wolle davon berichten, womit sie sich so lange beschäftigt habe: „…die Frauen, den Feminismus, die Männerbünde, den Marxismus, den Sozialismus. Wenn ich von meinem Erleben spreche, ist das Geständnis wichtig, daß sich an, in und mit der Frauenbewegung mein Leben verändert hat.“ Ursula Linnhoff: „Sieben Jahre danach…“, in: e-f-a, Jg. 5, 1978, H. 14/15, S. 3-7.
  24. Vgl. Ursula Linnhoff: Ängste, hier S. 5.
  25. NN: Feminismus - die Theorie/Lesbianismus - die Praxis?, in: e-f-a-, Jg. 1, 1973, H. 1, S. 17-19. Es handelte sich u.a. um Auszüge aus einem Text aus dem Sammelband: Liberation now! Writings from the Women's Liberation Movement, New York, N.Y. Dell Publishing, 1971. Sie hatte vermutlich gerade eine Recherchereise durch die USA für ihr Buch über Homosexualität von Frauen hinter sich: Ursula Linnhoff, Weibliche Homosexualität zwischen Anpassung und Emanzipation. Köln 1976.
  26. NN: Feminismus - die Theorie/Lesbianismus - die Praxis?, in: e-f-a-, Jg. 1, 1973, H. 1, S. 17.
  27. Ebenda, S. 18.
  28. "In dem Moment wo die wirklich homosexuellen Frauen durch sich selbst und andere nicht mehr vorwiegend aufgrund der Wahl ihres Sexualobjekts definiert werden, sondern sich ein kollektives, gesellschaftsbezogenes Selbst- und Fremdverständnis ergibt, beginnt auch der gesellschaftliche Integrationsprozeß." Ebenda, S. 18. Im weiteren Verlauf des programmatischen Textes gab die Verfasserin zu erkennen, dass weder allein der Kampf um homosexuelle Rechte noch allein der Sozialismus zu einer befreiten Gesellschaft führen würden.
  29. Vgl. Ursula Linnhoff: Ängste, hier S. 5.
  30. Barbara Winkelmann und Ortrud Raabe erwiderten "Das Recht homosexueller Frauen, ihre Probleme hinsichtlich Arbeitsplatz, Elternhaus, Sexualität zu diskutieren, sollte doch wahrlich wenigstens einmal im Jahr respektiert werden. Oder sind lesbische Frauen schon deshalb Faschistinnen, weil sie so viel mit der bisexuellen Frau gemeinsam haben wie wir mit der Sexualität der Frau von nebenan?", Barbara Winkelmann ; Ortrud Raabe: Erwiderung, in: e-f-a, 4. Jg. 1978, 14/15, S. 6. Die Verfasserinnen referierten ironisch auf Linnhoffs Auslandsstudium und ihre stolz demonstrierte enge Kooperation mit Männern.
  31. Ursula Linnhoff: Klitorisbeschneidung, in e-f-a, H. 14/15 1977, S. 21/22. 1976 hatte es die vermutlich erste weltweite Tagung dazu gegeben: Crimes against women. Proceedings of the international tribunal, Millbrae, Calif. Les Femmes , 1976.
  32. Verein zur Förderung von Kunst und Literatur im Rhgeinland e.V. (Hg:) Stadtbuch Köln 91/92, Köln Volksblatt [1991].
  33. Vgl. Ursula Linnhoff: Ängste einer sozialistischen Feministin vor dem Faschismus, in: e-f-a, 1977, H. 13, S. 4-6, hier S. 4: "Es fängt an mit meinen Erlebnissen in der Kölner Straßenbahn, wo immer wieder besonders die Gastarbeiterkinder, wenn sie nur einen Schritt zu viel tun, mit Worten und mit Drohgesten kaputt gemacht werden. Sehr oft nimmt das Formen an, wo ich nicht mehr an mich halten kann, und dann meinerseits völlig allein - doch ich spreche ja hochdeutsch und sehe trotzdem nicht mehr studentisch aus und deshalb gibt man mir keine Ohrfeige - lsossdchreie, man möge doch diese Kinder [...] endlich in Ruhe lassen." Sie hörte dann öfter "Der Hitler müsse wieder kommen" ...
  34. ...
  35. ###
  36. Ursula Linnhoff; Margit Stolzenburg: Einig Frauenland? Mütter und Töchter in West und Ost, Berlin Verlag Neues Leben, 1995.

FrauenGeschichtsWiki ist ein Projekt des Kölner Frauengeschichtsverein e.V. Viele Informationen stammen aus unserem Vereinsarchiv. Wir freuen uns über weitere Hinweise an kfvg@netcologne.de