Marierose Steinbüchel-Fuchs

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Marierose Fuchs (* 27. Mai 1898 in Berlin ; † 15. März 1978 in Köln ) war eine Journalistin, Schriftstellerin und eine erfolgreiche Kölner Unternehmerin.

Familie

Marierose Fuchs entstammte der Berliner Familie Otto Julius Fuchs, Kolonialwaren und Delikatessen und Hoflieranten.[1] Sie hatte einen Adoptivbruder namens Martin, geb. Henkel[2] und eine Schwester Albertine, verh. Kniekamp.[3] Familienintern ließ sich Marierose Fuchs Tante Yke nennen. Eine späte Ehe mit A.J.H. Steinbüchel "...dauerte nur 14 Monate." [4] Er starb 1964.


Ausbildung

Marierose Fuchs absolvierte (vermutlich in den frühen 1920er Jahren) eine Ausbildung an der Sozialen Frauenschule in Berlin. Während dieser Zeit und darüber hinaus (1921-1928) arbeitete sie ehrenamtlich für den katholischen Priester Carl Sonnenschein, - eine Persönlichkeit, die sie stark beeinflusste. Bereits in dieser Zeit begann die junge Frau zu schreiben. Anregungen erhielt sie nach eigenen Worten "durch viele, aus dem Rheinland stammende Künstler." [5]

Berufstätigkeit

1925 wandte sie sich dem Journalismus zu, arbeitete regelmäßig für Zeitungen und Zeitschriften.[6]. Die der Zentrumspartei nahestehende Katholikin begann bald beim Feuilleton der Germania, einer einflussreichen katholischen Tageszeitung http://de.wikipedia.org/wiki/Germania_(Zeitung). Marierose Fuchs verfasste größere Artikel und Essays, auch für die katholische Monatszeitschrift Hochland. Hierbei kam sie in Kontakt mit vielen Autoren und Autorinnen, schrieb Rezensionen, und begann zahlreiche Briefwechsel. Sie lernte den Schriftsteller Kurt Tucholsky näher kennen, nachdem sie ihm konfessionelle Feindseligkeit vorgeworfen hatte. Sie

"hatte sich in einem Beitrag für die Zeitung des Zentrums Germania mit Tucholskys Buch Mit 5 PS auseinandergesetzt. Darin warf sie ihm „einen erschreckenden Mangel an Ehrfurcht vor trennender Überzeugung“ vor.
[7]Kurt Tucholsky antwortete ab 1930 in der Weltbühne mit "Brief an eine Katholikin", die er an sie adressierte und es folgte eine zweijährige Korrespondenz. Die ursprüngliche Auseinandersetzung über die Funktionalisierung des Glaubens ging so weit, dass Marierose Fuchs ihn zu einem Vertrauten in Liebesdingen machte.
"Ganz ohne Vorbehalte schildert Marierose Fuchs ihm – man kann aus Tucholskys Briefantworten ungefähr ersehen, was sie bedrückte – ihre große Erschöpfung, eigene innere Zweifel, auch eine enttäuschende Liebeserfahrung. Die Behutsamkeit, mit der Tucholsky diese ihm liebgewordene Frau zu beraten versucht, um ihr ohne moralische Überlegenheitsgesten aus einer Krise zu helfen, dies gibt bewegende Einblicke in seinen menschlich integren Charakter. „Aber wie Ihnen aus der Einsamkeit helfen? Sie fliehen oft in die Arbeit und – verzeihen Sie mir – vielleicht manchmal in die Religion. Man hat Ihnen gesagt, wie einmalig, wie unwiderruflich das alles ist. Sie sind davon überzeugt, ich will Sie nicht mit einer anderen Meinung beunruhigen. Ich wünsche Ihnen nur, dass Sie einmal auf einen Mann stoßen, der Ihnen das gibt, was Sie so bitternötig brauchen: Zweisamkeit auf Dauer. ... „Quälen Sie sich nicht zu sehr“, schreibt er an sie „Es gibt doch, wie Sie mir immer wieder richtig geschrieben haben, einen fröhlichen Katholizismus – einen lebensbejahenden - ..., da sollten Sie sich etwas holen: Leben, Arbeit, einen Mann, einen Freund, eine Freundin...da ist es“. [8]

Mit seiner Frau Mary pflegte Marierose Fuchs einen Briefwechsel bis 1977.</ref> 1970 gab sie die Briefe Tuchokskys an sie heraus, nun mit einer ganz anderen Perspektive:

„Heute kann ich es kaum noch verstehen, was mich an Tucholskys Arbeiten schockierte“, schreibt die Adressatin im Jahre 1970. „Zuviel Entsetzliches, was er damals voraussah, haben wir in den letzten Jahrzehnten erlebt. Jetzt nach dem zweiten Weltkrieg, erscheint mir seine Sprache nicht nur rein und gepflegt, sondern seine Gedanken bei aller berechtigten Schärfe von einer heute nicht mehr oft anzutreffenden Besinnlichkeit“.
[9]

Sie kannte den jüdischen Dichter und Arzt Ernst Weiss, der ein Freund Kafkas war, die österreichisch-schweizerische Dichterin Regina Ullmann, die 1911 zur katholischen Kirche konvertiert war, später war sie mit Hilde Domin gut bekannt.[10] und verkehrte mit Romain Rolland; so trat sie der Romain-Rolland-Gesellschaft und der Association des amis de Romain Rolland bei und war mit seiner Witwe befreundet. Schließlich sind Else Lasker-Schüler und Gertrud Bäumer als engere Kontaktpersonen zu nennen.


Kölner Jahre

Nachdem die Katholikin kurz in München gelebt hatte, zog sie 1932 nach Köln in die Schillerstr. 1 in Weiden. 1933/34 erwarb die begüterte ledige Frau - vom dem Erbe ihres Vaters - die 1901 gegründete Kölner Wach- und Schließgesellschaft von den vermutlich jüdischen Vorbesitzern Kossmann und Steinberg.[11] Wie die "Arisierung" verlief soll -sofern möglich - bald nachgetragen werden. 1959 feierte sie dort die Feier zum 25jährigen Jubiläum als Geschäftsführerin und Hauptgesellschafterin.[12]. Sie hatte aus dem Unternehmen mit ursprünglich fünfhundert Beschäftigten einen der erfolgreichsten Sicherheitsdienstleistungsbetriebe gemacht. Die heute allseits präsente W.I.S.-Gruppe verfügt laut der Firmenhomepage heute über ca. viertausend "individuell geschulte Mitarbeiter in 27 Niederlassungen".

Textproduktion

"Marierose Fuchs, durch ein Gelenkleiden in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt, begab sich geistig auf Wanderschaft mit Gedichten und Briefen."[13]Auch in Köln arbeitete sie neben ihrer unternehmerischen Managementtätigkeiten weiter journalistisch, verfasste "einige hundert Berichte, Reportagen. Aber auch größere Aufsätze, so über Wilhelm Morgner, Gertrud von le Fort, Cecile Laubert, Regina Ullmann, Roswitha von Gandersheim." [14] Für ein Bändchen 'Leben spricht zu Leben', herausgegeben von der Leiterin des Katholischen Frauenbundes in Köln Dr. Gertrud Ehrle, trug sie 1937 einen biographischen Text bei: "Elf Jahre freie Zeitungsmacherin". Bald darauf, 1938, "wurde sie aus der Liste der Schriftsteller durch das herrschende Regime gelöscht." [15] Sie nutzte die Zeit, um erste Gedichte zu verfassen.


In der Nachkriegszeit erschienen Romane und Kinder-/Jugendbücher von Marierose Fuchs. Ggf. war dies eine Folge der veränderten Familienverhältnisse: Von 1946 bis 1948 lebten die Zwillingsneffen bei ihr, da der Vater Martin noch in britischer Gefangenschaft war. Da ihr Haus in Weiden beschlagnahmt war wohnte die kleine Familie Aachener Strasse 96 mit vielen anderen Menschen zusammen und erlebte Hungersnöte.Ihr Bruder arbeitete kurzzeititg in ihrer Firma mit, kam dann vor dem Haus durch einen Unfall um, die Neffen zogen mit der Schwägerin nach Berlin.


1955 gab sie erstmals einen Gedichtband heraus. In dem Werk 'Die ferne Stimme' veröffentlichte sie die ab 1938 entstandenen, bisher nicht publizierten, Texte. In den 1960er Jahren wandte sie sich der kurzen Form des Aphorismus zu.

Im Alter lebte Marierose Fuchs in Köln in ihrer eigenen Villa und regelmäßig auch in einem Ferienhaus in Bibernheim am Rhein. In Königstein (Taunus) verbrachte sie mehrere Sanatoriumsaufenthalte.

Engagement und Ehrung

Marierose Fuchs war seit 1934 in der Künstlerinnenvereinigung GEDOK Köln aktiv. Sie beteiligte sich 1947 an dem Versuch der Sammlung, dann bei der Neugründung 1953. Die so eingespannte Frau stellte sich für einige Jahre als Fachbeirätin für Literatur zur Verfügung. Sie plädierte dafür, einen Literaturpreis auszuloben und rief so den inzwischen renommierten "Ida Dehmel Literaturpreis" ins Leben. Sie verfügte, dass der Preis nach ihrem Tode im Jahre für weitere zehn Jahre durch Zuwendungen aus ihrer Firma gesponsert würde.[16] In ihrem unzugänglichen Nachlass befindet sich Korrespondenz mit der GEDOK von 1953 bis 1977.

Gggf. war sie auch in der "Vereinigung von Unternehmerinnen e.V." aktiv, so lässt der Nachlass vermuten.

Am 18. Dezember 1975 oder 1978 erhielt sie das Bundesverdienstkreuz am Bande für ihren Einsatz "zur inneren Sicherheit des Landes". "Die Auszeichnung war gleichzeitig ein eindrucksvoller Beleg für die Werte, die Frau Fuchs in ihrem Unternehmen verankert hatte, und dessen Position am Markt: Durch ihre Seriosität, fachliche Qualifikation und Innovationsstärke hatte sich die Kölner Wach- und Schließgesellschaft zu einem herausragenden deutschen Unternehmen entwickelt." [17]

Literatur von Marierose Fuchs

  • 1937 Elf Jahre als freie Zeitungsmacherin. in: Leben spricht zu Leben. Wirklichkeitsbilder aus dem Alltag der Frau, hrsg. von Gertrud Ehrle, Freiburg : Herder
  • 1950 Christian und die Tiere, Herder
  • 1954 Gabi und die Katze Katja Jugendbuch Verlag Henn (StadtBibliothek Köln)
  • 1955 Franziska , Erzählung, Henn Verlag
  • 1957 Die ferne Stimme, Gedichte , Henn Verlag
  • 1958 Neue Wege horchend gehend. Totengesänge (StadtBibliothek Köln)
  • 1964 Am Wege Aphorismen und kleine Betrachtungen. Karsruher Bote (StadtBibliothek Köln)
  • 1965 Nur eine kleine Oase, Auswahl aus den Gedichten (StadtBibliothek Köln)
  • 1970 Am Wege II. Aphorismen und Betrachtungen, Rüdiger Verlag
  • 1971 Stummer Ruf. Kurzgedichte 1965-1970 (StadtBibliothek Köln) Henn Verlag
  • 1972 Wirf Dein Herz aus . Gedichte von 1968 - 1972 , Henn Verlag
  • 1974 Miniaturen Karsruher Bote (StadtBibliothek Köln)
  • 1975 Begegnungen mit Menschen und Werken , (Autobiographisch) (StadtBibliothek Köln)
  • 1977 Nun dunkelt mein Wein. Späte Gedichte 1971-1974 Verlag der Steg (StadtBibliothek Köln)
  • 1992 Das Literarische Werk. Hrsg. von Carl Heinz Kurz. Band 1: Gedichte. Graphikum Verlag
  • 1993 Das Literarische Werk. Hrsg. von Carl Heinz Kurz. Band 2: Essays. Graphikum Verlag

Literatur über Marierose Fuchs

  • Kurt Tucholsky: Briefe an eine Katholikin 1929-1932n. Rowohlt Verlag 1970
  • Edmund Guenster: Begegnung mit Marierose Fuchs in Biebernheim, in: Hunsrück Kalender 1974 (StadtBibliothek Köln)
  • Jakob Kneip - Marierose Fuchs. Ein Briefwechsel. (StadtBibliothek Köln), vgl. auch http://www.textlog.de/tucholsky-brief-katholikin.html Brief aus: Die Weltbühne, 04.02.1930, Nr. 6, S. 198, gez. Ignaz Wrobel.
  • Annemarie Hassenkamp: "Frauen stehen ihren Mann - Porträts deutscher Unternehmerinnen", darin: "Fünfhundert Männer und eine Frau: Marierose Steinbüchel-Fuchs". 1966
  • Dt. Lit Lex. 5, 1978
  • Kölner Autorenlexikon
  • Enst Thrasolt: Ein Wort der Erinnerung, in: Begegnung. Zeitschrift für Kultur und Geistesleben 3 (1948)
  • Christiane Eifert: Deutsche Unternehmerinnen im 20. Jahrhundert, C.H. Beck Verlag München 2011 ISBN 978-3-406-62114-7

Nachlass

Marierose Fuchs hinterließ einen großen Nachlass, der dem Historischen Archiv der Stadt Köln übereignet wurde (Best. 1271), aber nach Einsturz des Archivs am 3.3.2009 für die Benutzung über Jahre verloren ist - in den 15 Kartons befand sich u.a. ein Mitgliederverzeichnis der "Vereinigung von Unternehmerinnen e.V.".[18]

Weblinks

http://www.econbiz.de/en/search/detailed-view/doc/all/frauen-stehen-ihren-mann-portr%C3%A4ts-deutscher-unternehmerinnen-hassenkamp-annemarie/10000559930/?no_cache=1


Einzelnachweise

  1. Vgl. Festschrift zum fünfzigjährigen Bestehen des Unternehmens Otto Fuchs, Berlin, 1925 und ein Hinweis des Neffen Christian Fuchs.
  2. Mutter Agatha Henkel, geb. Fuchs, war mit Ferdinand Henkel verheiratet. Unser Informant Christian Fuchs ist sein Sohn, ebenso Zwillingsbruder Lambert.
  3. Sie kam bei Bombenangriffen mit ihrer Tochter ums Leben.
  4. Marierose Fuchs: Essays, S. 151, Anmerkung des Herausgebers.
  5. Marierose Fuchs: Essays, S. 151
  6. Vgl. ihren Erfahrungsbericht "Elf Jahre freie Zeitungsmacherin" in Gertud Ehrle, s.u.
  7. http://www.freitag.de/autoren/magda/kurt-tucholsky-briefe-an-eine-katholikin
  8. http://www.freitag.de/autoren/magda/kurt-tucholsky-briefe-an-eine-katholikin; Marierose Fuchs hatte den Briefwechsel vor der Gestapo gerettet und veröffentlichte ihn erst auf drähgende Appelle der Witwe Marie Tucholsky. vgl. http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-45234272.html; vgl. die Vorlesung auf you tube: http://www.youtube.com/watch?v=IIesx6Qlu5g
  9. zit. nach https://www.freitag.de/autoren/magda/kurt-tucholsky-briefe-an-eine-katholikin
  10. vgl. die Angaben von M. Tauschwitz, der Dominbiografin: "Der Beginn des Briefwechsels zwischen Fuchs und Domin reicht in das Jahr 1959 zurück. ... Unverschnörkelt und offen benannte sie, was ihr missfiel - wie sie es schon bei Tucholsky getan hatte. Hilde Domin hielt sie vor, unter einer Tarnkappe leben zu wollen und forderte sie auf, sich zu ihrem Judentum zu bekennen. "Kommentar zum Artikel https://www.freitag.de/autoren/magda/kurt-tucholsky-briefe-an-eine-katholikin
  11. http://www.ihr-datenschutzbeauftragter.org/pdf/Wissenswert07_02_10.pdf
  12. http://www.archive.nrw.de/LAV_NRW/jsp/findbuch.jsp?archivNr=2&klassId=2&tektId=2516&id=0564&expandId=1
  13. vgl. die Angaben von M. Tauschwitz, "Kommentar zum Artikel https://www.freitag.de/autoren/magda/kurt-tucholsky-briefe-an-eine-katholikin , 23.12.2011 | 19:43 Uhr
  14. Marierose Fuchs: Essays, S. 151
  15. Marierose Fuchs: Essays, S. 151
  16. http://www.gedok.de/08/?p=23; sie ist ggf. im Alter Mitfrau der GEDOK Mannheim gewesen.
  17. Michael Bachem: Bundesverdienstkreuzträgrin Marierosre Steinbüchel-Fuchs. Sicherheitsexpertin der ersten Stunde." In: WIS. Die Zeitung der W.I.S. Unternehmensgruppe, AUSGABE 38 JUNI 2007 http://www.ihr-datenschutzbeauftragter.org/pdf/Wissenswert07_02_10.pdf
  18. http://www.archive.nrw.de/LAV_NRW/jsp/findbuch.jsp?archivNr=2&klassId=2&tektId=2516&id=0564&expandId=1

FrauenGeschichtsWiki ist ein Projekt des Kölner Frauengeschichtsverein e.V. Viele Informationen stammen aus unserem Vereinsarchiv. Zu dieser Biografie trug der Neffe Christian Fuchs aus Konstanz hilfreiche Informationen bei. Wir freuen uns über weitere Hinweise an kfvg@netcologne.de