Käthe Schlechter-Bonnesen: Unterschied zwischen den Versionen

Aus FrauenGeschichtsWiki
Wechseln zu: Navigation, Suche
(Die Seite wurde neu angelegt: „Käthe Schlechter-Bonnesen [Käthe Schlechter) (* 1909; ; † 1986) war eine Kölner Gewerkschafterin ==Leben und Wirken== Käthe Schlechter war eine der …“)
 
Zeile 1: Zeile 1:
Käthe Schlechter-Bonnesen [Käthe Schlechter) (* 1909; ; † 1986) war eine Kölner Gewerkschafterin  
+
Käthe Schlechter-Bonnesen [Käthe Schlechter) (* 1909; † 1986) war eine Kölner Gewerkschafterin  
  
  
  
 
==Leben und Wirken==  
 
==Leben und Wirken==  
Käthe Schlechter war eine der jungen Angestellten des 20. Jahrhunderts, zunächst mit 18 Jahren Buchhalterin in einem Eisenwarengroßhandel in der Görresstraße. Und sie war ab 1926 in der Sozialistischen Arbeiter-Jugend aktiv.  
+
Käthe Schlechter war eine der jungen gut ausgebildeten weiblichen Angestellten des 20. Jahrhunderts, arbeitete zunächst mit 18 Jahren Buchhalterin in einem Eisenwarengroßhandel in der Görresstraße. Und sie war ab 1926 in der Sozialistischen Arbeiter-Jugend aktiv.  
Als sie sich über ungesetzliche  Arbeitszeiten beschwerte, wurde die junge Frau entlassen.
+
Als sie sich dort über ungesetzliche  Arbeitszeiten beschwerte, wurde die junge Frau entlassen.
Nach einer Zeit der Arbeitslosigkeit und einer Übergangszeit bei der Kreisverwaltung Berghheim  wurde sie Sekretärin von Wilhelm Sollmann, einem der bedeutendsten Kölner Sozialdemokraten der Weimarer Republik und zwichen 1911 und 1933 (Chef-)Redakteur der ''Rheinischen Zeitung'' in Köln. Ihr Arbeitsort war der Ursulaplatz 16. Hier war sie u.a. für die Korrespondenz des früheren Inneministers zuständig, nahm seine Leitartikel am Telefon  aus Berlin auf.  
+
Nach einer Zeit der Arbeitslosigkeit und einer Übergangszeit bei der Kreisverwaltung Berghheim  wurde sie Sekretärin von Wilhelm Sollmann, einem der bedeutendsten Kölner Sozialdemokraten der Weimarer Republik und zwichen 1911 und 1933 (Chef-)Redakteur der ''Rheinischen Zeitung'' in Köln. Ihr Arbeitsort war damals der Ursulaplatz 16. Bei Sollmann war sie u.a. für die Korrespondenz des früheren Inneministers zuständig, nahm seine Leitartikel am Telefon  aus Berlin auf und wertete Depeschen aus.  
Sie wohnte in Nippes, Neußer Straße 331 in einem eher katholischen, aber arbeiterbewussten Milieu. Ihre Freizeit verbrachte sie weiterhin bei der SAJ und unternahm Wanderungen mit den anderen dort organisierten Jugendlichen. Ab und zu gab es laut ihrer Erinnerung Zusammenstöße mit NS-Schlägertrupps oder auch kommunistischen Jugendlichen. U.a. lud die Jugendgruppe ins Volkshaus Severinstraße ein, um über die Nöte der zeit zu sprechen, wurden jedoch von kommunistischen Jugendlichen duch Störungen boykottiert und als Sozialfaschisten beschmimpft. Es kam zur Prügelei unter den linken Jugendlichen, damals nicht ungewöhnlich.  
+
Sie wohnte damals in Nippes, Neußer Straße 331 und damit in einem eher katholischen, aber arbeiterbewussten Milieu. Ihre Freizeit verbrachte sie weiterhin bei der SAJ und unternahm Wanderungen mit den anderen dort organisierten Jugendlichen. In dieser Zeit heiratete sie ihren Mann, ebenfalls SAJ-Mitglied. Ab und zu gab es laut ihrer Erinnerung Zusammenstöße mit NS-Schlägertrupps oder auch kommunistischen Jugendlichen. U.a. lud die Jugendgruppe einmal ins Volkshaus Severinstraße ein, um über die Nöte der Zeit zu sprechen, sie wurden jedoch von kommunistischen Jugendlichen duch Störungen boykottiert und als Sozialfaschisten beschmimpft. Es kam zur Prügelei unter den linken Jugendlichen, damals nicht ungewöhnlich.  
In dieser Zeit heiratete sie ihren Mann, ebenfalls SAJ-Mitglied.  
+
In einem Interview äußerte sie ihre Frustration darüber, dass die SPD zu lange abwartete, statt das Aufkommen der Nazis intensiver zu bekämpfen.
  
Sie arbeitete ab 1931 im Druckhaus Deutz / August-Bebel-Haus, wohin die 'Rheinische' verzogen war und bekam dort 1933 Sollmanns Verhaftung mit. In einem Interview äußerte sie ihre Frustration darüber, dass die SPD zu lange abwartete, statt das Aufkommen der Nazis intensiver zu bekämpfen.
+
Käthe Schlechter arbeitete ab 1931 im Druckhaus Deutz / August-Bebel-Haus, wohin die 'Rheinische' verzogen war und bekam dort 1933 Sollmanns Verhaftung mit.  
 +
Kurz nach der Machtübernahme wurde die Rheinische Zeitung verboten. <blockquote>"...und wir saßen in den Redaktionsräumen und machten Ordnung in unserem Archiv und in der Bibliothek. Weil man fürchtete, die Terrorgruppen würden die Zeitung stürmen, saß Nacht für Nacht eine Gruppe von Reichsbannerleuten im Keller des Gebäudes, mit starken Eichenknüppeln, um das Haus zu schützen. Als eine kleine Gruppe von SA-Leuten dann Anfang März wirklich das Haus stürmte, war kein Schutz da. ... Sie stürmten die Treppe herauf auf das Dach und hißten die Fahne mit dem Hakenkreuz. Ich rief verzweifelt per Telefon nach Polizeischutz, aber es kam niemand. Unsere Hausmeister drückten sie an die wand, es war eine Sache von fünf Minuten."<ref>Matzerath, S. 70</ref></blockquote>
  
Kurz nach der Machtübernahme wurde die Rheinische Zeitung verboten. <blockquote''>"...und wir saßen in den Redaktionsräumen und machten Ordnung in unserem Archiv und in der Bibliothek. Weil man fürchtete, die Terorgruppen würden die Zeitung stürmen, saß Nacht für Nacht eine Gruppe von Reichsbannerleuten im Keller des Gebäudes, mit starken Eichenknüppeln, um das Haus zu schützen. Als eine kleine Gruppe von SA-Leuten dann Anfang März wirklich das Haus stürmte, war kein Schutz da. ... Sie stürmten die Treppe herauf auf das Dach und hißten die Fahne mit dem Hakenkreuz. Ich rief verzweifelt per Telefon nach Polizeischutz, aber es kam niemand. Unsere Hausmeister drückten sie an die wand, es war eine Sache von fünf Minuten."'' <ref>Matzerath, S. 70</ref></blockquote> Kurz darauf war ihr Arbeitsverhältnis gewaltsdam beendet, sie musste abermals Arbeitslosenhilfe beantragen.
+
Kurz darauf war ihr Arbeitsverhältnis gewaltsam beendet, sie musste abermals Arbeitslosenhilfe beantragen; auch ihr Mann wear erwerbslos. Inzwischen wohnte das junge Paar in Poll, sie wurden dennoch rasch als SPD-Anhänger bekannt und wurden terrorisiert.
 +
 +
<blockquote>Da wir in der Siegburger Straße im Parterre wohnten, kamen die SA-Trupps oder Hitlerjugend, oder wer immer es war, jeden Abend und trommelten auf die Rolläden unserer zwei Fenster und riefen: 'Seid ihr immer noch nicht krepiert?' Der Hausbesitzer hatte Angst um sein Haus und bat uns, uns doch eine andere Wohnung zu suchen." </blockquote>
 +
 
 +
 
 +
So zogen sie zum Kleinen Griechenmarkt 4 um, trafen sich in einer benachbarten Schumacherwerkstatt mit Gleichgesinnten: <blockquote>"Hier trafen sich ehemalige Gwerkschafskollegen, SAJler und Reichsbannerleute im Hinterstübchen und schmiedeten Pläne, was man gegen die Nazis machen sollte, und erzählten sich, wen sie wieder 'abgeholt' hätten usw. Inmmer wieder hörten wir, daß dieser oder jener Freund zum 'Verhör' gebracht worden war und nach schweren Mißhandlungen nach Hause gekommen war oder gar nicht. Wir mußten uns vorsehen, daß wir nicht auffielen."<ref>Matzerath, S. 71</ref></blockquote>
 +
 
 +
Durch kleine alltägliche Widerständigkeiten verscuhten die Jugendlichen, ihre Haltung  Alltag im NS kund zu tun. So gingen sie nicht zu Maiveranstaltungen, trafen sich sich weiterhin unter such zum Wandern usf.
 +
<blockquote>"Mir ist erst später klar geworden, daß das eigentlich nur eine Flucht darstellte, aber wir kamen uns damals sehr groß vor und meinten, das wäre schon Widerstand genug. ... Eine Tages, im August 1933, wir hatten gerade euin befreundeten Ehepaar zu besuch, stürmtee ein Trupp SA-Leute bei uns die Treppe herauf; sie forderten meinen mann auf mitzuklommen, ohne irgendeine polizeiliche Aufforderung. ... 'Nur zur einer Gegenüberstellung', hieß es, ins SA-Haus Friedensstraße." Der Freund ging mit, die frauen ließ man nicht vor, verweigerte ihnen auch beid er Polizei am Weidenbach die Auskunft. Nachts kam ihr Mann zurück, er war nach einem Genossen befragt worden. "Er saß da mit zerschlagener Nase und blutunterlaufenen Stellen im Gesicht. Er sollte Flubglätter verteilt haben. ... Erst nach stundemlangen Verhör mit Drohungen und drängenden Fragen, warum er als 'deutscher Mann' nicht auch längst zu Adolf Hitler gefunden hätte, und nachdem man die beiden Männer eibnige Stunden in den keller gfesperrt hatte, ließ0 man sie beide wieder frei ... ."<ref>Matzerath, S. 71/2</ref></blockquote>
  
 
In der NS-Zeit soll sie in einem Fahrradrahmen illegale Zeitungsblätter geschmuggelt haben.  
 
In der NS-Zeit soll sie in einem Fahrradrahmen illegale Zeitungsblätter geschmuggelt haben.  

Version vom 25. Januar 2013, 15:40 Uhr

Käthe Schlechter-Bonnesen [Käthe Schlechter) (* 1909; † 1986) war eine Kölner Gewerkschafterin


Leben und Wirken

Käthe Schlechter war eine der jungen gut ausgebildeten weiblichen Angestellten des 20. Jahrhunderts, arbeitete zunächst mit 18 Jahren Buchhalterin in einem Eisenwarengroßhandel in der Görresstraße. Und sie war ab 1926 in der Sozialistischen Arbeiter-Jugend aktiv. Als sie sich dort über ungesetzliche Arbeitszeiten beschwerte, wurde die junge Frau entlassen. Nach einer Zeit der Arbeitslosigkeit und einer Übergangszeit bei der Kreisverwaltung Berghheim wurde sie Sekretärin von Wilhelm Sollmann, einem der bedeutendsten Kölner Sozialdemokraten der Weimarer Republik und zwichen 1911 und 1933 (Chef-)Redakteur der Rheinischen Zeitung in Köln. Ihr Arbeitsort war damals der Ursulaplatz 16. Bei Sollmann war sie u.a. für die Korrespondenz des früheren Inneministers zuständig, nahm seine Leitartikel am Telefon aus Berlin auf und wertete Depeschen aus. Sie wohnte damals in Nippes, Neußer Straße 331 und damit in einem eher katholischen, aber arbeiterbewussten Milieu. Ihre Freizeit verbrachte sie weiterhin bei der SAJ und unternahm Wanderungen mit den anderen dort organisierten Jugendlichen. In dieser Zeit heiratete sie ihren Mann, ebenfalls SAJ-Mitglied. Ab und zu gab es laut ihrer Erinnerung Zusammenstöße mit NS-Schlägertrupps oder auch kommunistischen Jugendlichen. U.a. lud die Jugendgruppe einmal ins Volkshaus Severinstraße ein, um über die Nöte der Zeit zu sprechen, sie wurden jedoch von kommunistischen Jugendlichen duch Störungen boykottiert und als Sozialfaschisten beschmimpft. Es kam zur Prügelei unter den linken Jugendlichen, damals nicht ungewöhnlich. In einem Interview äußerte sie ihre Frustration darüber, dass die SPD zu lange abwartete, statt das Aufkommen der Nazis intensiver zu bekämpfen.

Käthe Schlechter arbeitete ab 1931 im Druckhaus Deutz / August-Bebel-Haus, wohin die 'Rheinische' verzogen war und bekam dort 1933 Sollmanns Verhaftung mit.

Kurz nach der Machtübernahme wurde die Rheinische Zeitung verboten.
"...und wir saßen in den Redaktionsräumen und machten Ordnung in unserem Archiv und in der Bibliothek. Weil man fürchtete, die Terrorgruppen würden die Zeitung stürmen, saß Nacht für Nacht eine Gruppe von Reichsbannerleuten im Keller des Gebäudes, mit starken Eichenknüppeln, um das Haus zu schützen. Als eine kleine Gruppe von SA-Leuten dann Anfang März wirklich das Haus stürmte, war kein Schutz da. ... Sie stürmten die Treppe herauf auf das Dach und hißten die Fahne mit dem Hakenkreuz. Ich rief verzweifelt per Telefon nach Polizeischutz, aber es kam niemand. Unsere Hausmeister drückten sie an die wand, es war eine Sache von fünf Minuten."[1]

Kurz darauf war ihr Arbeitsverhältnis gewaltsam beendet, sie musste abermals Arbeitslosenhilfe beantragen; auch ihr Mann wear erwerbslos. Inzwischen wohnte das junge Paar in Poll, sie wurden dennoch rasch als SPD-Anhänger bekannt und wurden terrorisiert.

Da wir in der Siegburger Straße im Parterre wohnten, kamen die SA-Trupps oder Hitlerjugend, oder wer immer es war, jeden Abend und trommelten auf die Rolläden unserer zwei Fenster und riefen: 'Seid ihr immer noch nicht krepiert?' Der Hausbesitzer hatte Angst um sein Haus und bat uns, uns doch eine andere Wohnung zu suchen."


So zogen sie zum Kleinen Griechenmarkt 4 um, trafen sich in einer benachbarten Schumacherwerkstatt mit Gleichgesinnten:
"Hier trafen sich ehemalige Gwerkschafskollegen, SAJler und Reichsbannerleute im Hinterstübchen und schmiedeten Pläne, was man gegen die Nazis machen sollte, und erzählten sich, wen sie wieder 'abgeholt' hätten usw. Inmmer wieder hörten wir, daß dieser oder jener Freund zum 'Verhör' gebracht worden war und nach schweren Mißhandlungen nach Hause gekommen war oder gar nicht. Wir mußten uns vorsehen, daß wir nicht auffielen."[2]

Durch kleine alltägliche Widerständigkeiten verscuhten die Jugendlichen, ihre Haltung Alltag im NS kund zu tun. So gingen sie nicht zu Maiveranstaltungen, trafen sich sich weiterhin unter such zum Wandern usf.

"Mir ist erst später klar geworden, daß das eigentlich nur eine Flucht darstellte, aber wir kamen uns damals sehr groß vor und meinten, das wäre schon Widerstand genug. ... Eine Tages, im August 1933, wir hatten gerade euin befreundeten Ehepaar zu besuch, stürmtee ein Trupp SA-Leute bei uns die Treppe herauf; sie forderten meinen mann auf mitzuklommen, ohne irgendeine polizeiliche Aufforderung. ... 'Nur zur einer Gegenüberstellung', hieß es, ins SA-Haus Friedensstraße." Der Freund ging mit, die frauen ließ man nicht vor, verweigerte ihnen auch beid er Polizei am Weidenbach die Auskunft. Nachts kam ihr Mann zurück, er war nach einem Genossen befragt worden. "Er saß da mit zerschlagener Nase und blutunterlaufenen Stellen im Gesicht. Er sollte Flubglätter verteilt haben. ... Erst nach stundemlangen Verhör mit Drohungen und drängenden Fragen, warum er als 'deutscher Mann' nicht auch längst zu Adolf Hitler gefunden hätte, und nachdem man die beiden Männer eibnige Stunden in den keller gfesperrt hatte, ließ0 man sie beide wieder frei ... ."[3]

In der NS-Zeit soll sie in einem Fahrradrahmen illegale Zeitungsblätter geschmuggelt haben. In der NK-Zeit war sie beim Bund-Verlag und zweitweilig Redakteurin der DGB-Zeitung Welt der Arbeit. Sie war Mitfrau in der Gewerkschaft "Druck und Papier".


Literatur

  • Interview und Dokumentenband: Matzerath, Horst (1987): "… vergessen kann man die Zeit nicht, das ist nicht möglich". Kölner erinnern sich an die Jahre 1929 - 1945 ; zum 40. Jahrestag des Kriegsendes. 3. Aufl. Köln.


weblinks

Einzelnachweise

  1. Matzerath, S. 70
  2. Matzerath, S. 71
  3. Matzerath, S. 71/2

FrauenGeschichtsWiki ist ein Projekt des Kölner Frauengeschichtsverein e.V. Viele Informationen stammen aus unserem Vereinsarchiv. Wir freuen uns über weitere Hinweise an kfvg@netcologne.de