Irene Corbach

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(* 7. November 1937 in Köln; † 24. Februar 2005 in Köln). Irene Corbach war eine Kölner Herausgeberin; sie schrieb zusammen mit ihrem Mann jüdische Orte ins Kölner Stadtgedächtnis ein und entriss Namen von verfolgten jüdischen Schulkindern und LehrerInnen dem Vergessen.


Der Auslöser

Irene Corbach und Dieter Corbach begannen in den 1980er Jahren mit Forschungen zur bisher unbekannten jüdischen Geschichte der kleinen Leute und vor allem Schulkinder aus Köln. Er war u.a. synodaler Repräsentant im christlich-jüdischen Dialog und Religionslehrer, sie hatte einen kleinen Verlag, - im Scriba-Verlag, den Irene Corbach jahrzehntelang betrieb, erschienen die von den Corbachs verfassten Publikationen, meist in der Reihe „Spuren jüdischen Wirkens“. Initialzündung zur Beschäftigung mit dem jüdischen Köln war für die vielbeschäftigte Frau (und Mutter) eine Begegnung:

[...] about 20 years ago, Irene met a man at a conference who said that his father had once taught at a Jewish school in Cologne, this one on Luetzow Street. “I was shocked,” she remembers. “It could only have been the one that I had attended as a trade school.” None of her teachers had ever mentioned that part of the school’s history, she says. She decided she didn’t want other students to be ignorant of its past. [1]

1984 traf sie während einer Wochenendveranstaltung der Gemeinschaft Evangelischer Erzieher in der Evangelischen Akademie in Mülheim/ Ruhr, bei der sie ihren erkrankten Mann Dieter vertrat, Henry Gruen, dem sie erzählte, sie stamme aus Köln-Mülheim.

Gruen erwiderte, dass auch er in den dreißiger Jahren in der Domstadt gelebt habe - als Heinz Grünebaum. Sein Vater Leopold sei letzter Kantor der Synagoge in Ehrenfeld gewesen. Und er habe an der städtischen Israelitischen Volksschule Lützowstraße unterrichtet.[2]

Diese von ihr ebsuchte Handelsschule hatte sogar die größte jüdische Volksschule Deutschlands beherbergt und sie hatte nichts davon gewusst.

"Ich war so angerührt, fuhr umgehend nach Hause, um meinem Mann von dem Hinweis zu berichten“, erinnert sich die heute 65-jährige Irene Corbach. „Mein erster Gedanke war, die heutigen Schüler mit einer Gedenktafel über die Geschichte ihres Unterrichtsgebäudes zu informieren.“ [3]

Zu diesem Zeitpunkt existierte das spätere NS-Dokumentationszentrum noch nicht und daher stand kein geeigneter Rechercheort zur Verfügung. So kontaktierten sie weltweit Archive und Bibliotheken, suchten u.a. in Israel im Leo-Baeck-Institute, sahen Emigrantenzeitungen durch und nahmen zunehmend mehr Kontakt zu ehemaligen Kölner Juden auf.“

Weltweite Rercherchen

Das Paar verbrachte fortan die 'Freizeit' damit, die Geschichte besonders von Kölner Schulen zu dokumentieren; sie spürten den Schicksalen von jüdischen Schulkindern und LehrerInnen nach, bei vielen bedeutete das Ende Deportation und Ermordung.

Auf gemeinsamen Reisen fanden die Corbachs eine ungeahnte Zahl an ZeitzeugInnen, in Israel z.B. ausgewanderte KölnerInnen, die noch alte kölsche Lieder singen konnten. Bald hatten sie 700 Kontakte geknüpft, was schätzungsweise alle überlebenden Jawne-SchülerInnen darstellte. In den 198ern erstellten sie dier erste Ausstellung zur Jawne.

Typischerweise trat er publizistisch stärker nach außen, obwohl die Recherchen stets von beiden durchgeführt wurden. Irene Corbach setzte jedoch nach dem Tod des Gatten Dieter 1994 die Arbeit allein fort, wurdenun selbst Synodalbeauftragte im Kirchenkreis Köln-Rechtsrheinisch für das christlich-jüdische Gespräch.

"No slow-moving bureaucracy, unwilling politician or lack of financial means has stopped her. “Due to her work, I met people whom I had thought lost,” says Fritz Bauchwitz, one of the students rescued by Klibansky.[4]

Auch bot sie aufgrund ihrer Kenntnisse und Kontaktfreudigkeit - wo immer möglich - Hilfe an, um anderen bei der Recheche nach Verwandten behilflich zu sein. Zudem trug sie zu vielen Gedenkveramstaltungen bei und leitete ZeitzeugInnengespräche, in denen über deren Erinnerungen an Köln und (jüdische und christliche) KölnerInnen sowie die jüdische Gemeinden und Einrichtungen erzählt wurde.

Friends say she is also a determined researcher who has helped many to find out more about their families. “In an old-fashioned way, she goes directly to people when they need help,” says Helga Fritz. “She doesn’t think about it a long time or make long discussions. She just does it.”[5]

Sie trug mit zu dem einzigartigen Projekt bei, die Namen von mehr als 6000 deportierten Juden/Jüdinnen ab dem Bahnhof Köln-Deutz bekannt zu machen.

Beide setzten wichtige Marken in Köln, - Irene Corbach kämpfte um Mahnmale (vergerblich in Köln-Mülheim) und setzte sich besonders auch für die Kölner jüdischen Friedhöfe ein und hob sie stärker ins Bewußtsein.

Irene Corbach starb 2005, sie liegt in Köln-Dellbrück/Holweide begraben. Im Nachruf eines der früheren 'Kinder' heißt es:

Some more sad news, this time for a very Jew-loving Christian German friend. IRENE CORBACH, Cologne. Seldom have we kinder known someone like her. She and her late husband Dieter, spent many years compiling a huge book about the Jews of Cologne. It was she who battled the city to honour the late head of the Javne School, Dr Klibansky, by renaming a square in the town, Klibansky Place and erecting there an octagonal fountain topped by a rampant lion of Juda, holding the tablet of commandments. Engraved around the sides of the fountain are the names of the Jewish children who perished. She headed the Council of Christian and Jews in Cologne and further a field, was a welcome visitor to the synagogue, organised countless exhibitions, talks and school visits. Her house was ever open to visitors, including myself, and if she had one fault it was neglecting herself to help others. She can truly be described a righteous gentile. All those of us who knew you will mourn your passing and wish long life to your children and grandchildren and hope they will follow your example.


Mitgliedschaften und Ehrungen

  • Mitglied in der Kölnischen Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit
  • Mitglied im Intersynodalen Arbeitskreis Christen und Juden
  • 2003 Obermayer German Jewish History Award

Sammlung

Die Fotos und Dokumente der Sammlung Corbach befinden sich seit 2006 im NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln.

Jawne und Erich Klibansky

Die Jawne war ein privates Jüdisches Reformrealgymnasium mit Realschule für Knaben und Mädchen, angesiedelt in Köln. Viele hochqualifizierte LehrerInnen arbeiteten dort, z.B. Dr. Esther Frank. Dr. Henriette Hanna Bodenheimer beteiligte sich hier 1931/2 am Aufbau einer Frauenschule mit hohem Praxisanteil. Besondere Berühmtheit erlangte Studiendirektor Dr. Erich Klibansky, nach dem heute ein Platz auf dem ehemaligen Schulhof mit Gedenkort in Köln benannt ist.

A teacher in the 1930s at the Jawne Gymnasium — a Jewish high school in Cologne — Klibansky saved at least 130 children from the Nazis. Class by class, he sent them to England as part of the Kindertransport. He was killed in Minsk after being deported there. [...] Without Irene and Dieter Corbach, the name “Erich Klibansky” would have faded away.[6]
Heute pflegt ein Verein um Cordula Lissner und Ursula Reuter die Erinnerung an Kinder, LehrerInnen und Schule. Der Verein schuf mit Beharrlichkeit den historischen Lern- und Gedenkort Jawne, der die Geschichte der Schule lebendig hält und u.a. Kindern bzw. Jugendlichen die Kölner NS-Geschichte an Beispielen Gleichaltriger zugänglich macht.[7]

Sophie Sondhelm

Amalie Banner

Literatur von Dieter und Irene

  • Irene Corbach, Dieter Corbach: Sophie Sondhelm und die Kölner jüdische Kinderheilstatte Bad Kreuznach. In: Erinnerung an Sophie Sondhelm seligen Angedenkens 18. März 1887 - 9. Oktober 1944], Köln. Scriba, 1987
  • 1990 Dieter Corbach: Die Jawne zu Köln. Zur Geschichte des ersten jüdischen Gymnasiums im Rheinland und zum Gedächtnis an Erich Klibansky, 1900 - 1942; Gedenkbuch zur Ausstellung im Historischen Rathaus der Stadt Köln vom 12. - 26. November 1990, Köln: Scriba-Verlag (=Spurensuche jüdischen Wirkens ; 4)
  • 1988 Dieter Corbach: "Ich kann nicht schweigen!". Richard Stern, Köln, Marsilstein 20. Köln: Scriba-Verlag (=Spurensuche jüdischen Wirkens ; 2) * 1999 Dieter Corbach: 6.00 Uhr ab Messe Köln-Deutz, Deportationen 1938 - 1945 = Departure: 6.00 a.m. Messe Köln-Deutz, deportations 1938 - 1945, Köln Scriba Verlag (=Spuren jüdischen Wirkens ; 6)
  • 1993 Dieter Corbach: "Köln und Warschau sind zwei Welten." Amalie Banner - Leiden unter dem NS-Terror , Köln: Scriba-Verl. (=Spuren jüdischen Wirkens ; 5 )
  • 1991 Dieter Corbach (Zusammenstellung): Die Jawne zu Köln. Reden zur Eröffnung der Ausstellung am 12. November 1990 und zum Gedächtnis an Erich Klibansky am 28. November 1990 ; Veröffentlichungen in der Presse, Dokumentation, Köln Corbach Verlag, Hochwinkel 79

Weiterführende Literatur

  • Cordula Lissner/Ursula Reuter, "Andererseits komme ich anfangs nächster Woche nicht ohne Hoffnungen auf Verlegung meiner Schule nach Cambridge zurück". Der Versuch, die Kölner Jawne nach England zu transferieren, in: Arbeitskreis der NS-Gedenkstätten NRW (Hg.), Gewalt in der Region. Der Novemberpogrom 1938 in Rheinland und Westfalen, Düsseldorf u.a. 2008, S. 86–91


weblinks


Einzelnachweise

  1. http://www.obermayer.us/award/awardees/corbach-eng.htm 19/01/2006
  2. http://www.kirche-koeln.de/aktuell/artikel.php?id=61&archiv 03.04.2003
  3. http://www.kirche-koeln.de/aktuell/artikel.php?id=61&archiv 03.04.2003
  4. http://www.obermayer.us/award/awardees/corbach-eng.htm 19/01/2006
  5. http://www.obermayer.us/award/awardees/corbach-eng.htm 19/01/2006
  6. http://www.obermayer.us/award/awardees/corbach-eng.htm; vgl.
  7. http://www.jawne.de/content/index_ger.html; Die Kinder auf dem Schulhof nebenan. Zur Geschichte der Jawne 1919-1942. Materialien zur Ausstellung im Lernort Jawne, Köln 2009 (2. Auflage 2011)

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