Inge-von-Bönninghausen-Preis 'Sternschnuppe'

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Inge-von-Bönninghausen-Preis 'Sternschnuppe' (* 1998; + ___ ) ist ein im Land NRW an Frauen vergebener Preis für Zivilcourage; Unbestechlichkeit und besonderes feministisches Engagement.

Gründung

Autonome feministische Frauenprojekte und einzelne Kölnerinnen entwickelten die Idee einer Ehrung für Feministinnen, die oftmals bei offiziellen Preisverleihungen übergangen werden. Anlass waren ein runder Geburtstag der Kölner WDR-TV-Journalistin Inge von Bönninghausen und entsprechende Überlegungen zu ihrer Ehrung. Es setzte bei Frauen wie Frauke Mahr, Crista Jonas u.a. ein intensives Nachdenken darüber ein, wie Verdienste und Verzichte, Würdigungen und Wagemut, Reden und Handeln öffentlich gemacht werden könnten. Die Intention war demnach, Frauen aus der Region zu ehren, ihre Verdienste für Frauen sichtbar zu machen und zu würdigen. Sie empfanden das Agieren vieler Frauen als 'Gold (wert)'.

Der Preis war eine von der Goldschmiedin/ Schmuckdesignerin Christine Reck–Bruggmann gestaltete Kette, die für zwei Jahre an die Geehrten verliehen wurde und von einer Frau an die nächste mit einer kurzen Rede übergeben wurde.

Preisträgerinnen

  • Als erste Preisträgerin zeichnete die Jury 1998 die frühere Journalistin und Vorsitzende des Deutschen Frauenrates, Dr. Inge von Bönninghausen, aus, die auch zur Namensgeberin wurde.[1] Sie war zwischen 1974 und 1999 war beim WDR tätig, bekannt wurde sie vor allem als Redakteurin und Moderatorin der emanzipatorischen Sendungen „FrauenFragen“ und „frau tv“. Bekannt wurde die Sendung „Ich kenne eine Lesbe…“ bei der sie als eine der ersten bundesdeutschen Frauen sich in den medien selbst outete. "Inge von Bönninghausen hat in ihrem gesamten journalistischen Wirken bei jedem politischen und gesellschaftlichen Thema die Frage gestellt 'Was bedeutet das für Frauen?'. Sie hat oft als erste Themen aufgegriffen, fundiert präsentiert und den Weg für Bewusstwerdung und Diskussion für diese Themen bereitet", hieß es in einer Belobigung.
  • Ingund Mewes, Mitgründerin und Prinzipalin des Piccolo-Theaters, Köln, wurde im Jahr 2000 ausgezeichnet. An ihrer Arbeit wurde ausgezeichnet "das Engagement für Frauen, für die umfassende Verbesserung der Lebenssituation von Frauen und gegen jede Form von Gewalt, ein Lebensthema, beruflich und privat." 1986 Gründerin des ersten Frauentheaters mit festem Haus in NRW und osgar ganz Westdeutschland, dem Piccolo-Theater - Mewes und Töchter, boten sie und ihr Team, u.a. die Tochter Dorothea Mewes, Stücke und Lesungen von und über Frauen an. 1992 wurde das Stück „Töchter der Hexen“ mit dem Kölner Theaterpreis ausgezeichnet. Sie hat viele junge Künstlerinnen und Künstler gefördert und ihnen für Gastspiele eine Bühne geboten. "Sie war eine Frau mit unbestechlichem Blick für Ungerechtigkeit, Gewalt, Lügen und Dummheit; eine die mit allen Kräften ihres Geistes und ihres Körpers gekämpft hat.", schrieb Frauke Mahr als Juryvorsitzende über sie.
  • Die Kevelaerer Journalistin und Herausgeberin von Internetseiten und der Chefredakteurin und Mitinhaberin des „Kevelaerer Blattes“, Delia Evers erhielt den Preis 2002 "aufgrund ihres Engagements für Frauen, die Opfer sexuellen Missbrauchs geworden waren, und ihrer engagierten, aufklärenden und objektiven Berichterstattung über den Prozess gegen den dann in allen Instanzen verurteilten Täter". Sie hatte über Monate über einen Prozess berichtet, in dem ein Arzt angeklagt war, Patientinnen auf verschiedene Weisen misshandelt zu haben. Die Jury lobte die außergewöhnliche Beharrlichkeit der Reportage und dass sie "aufklärend, respektvoll und zu keinem Zeitpunkt voyeuristisch" berichtete. "Delia Evers hat in ihrer Recherche und Berichterstattung Mut bewiesen, Frauen konsequent ernst genommen und sie mit ihren Möglichkeiten unterstützt. Sie hat sich nicht beirren lassen, Frauen zu einem Recht zu verhelfen, das ihnen oft verwehrt wird: eine öffentliche und respektvolle Anteilnahme an den Erfahrungen von Frauen, die Gewalt und damit Demütigung durch einen Mann erlitten haben.", schrieb Frauke Mahr über die Journalistin.[2]
  • 2004 folgte die Auszeichnung von Irene Franken. Die Jury bezeichnet sie als "ein wandelndes Geschichtsbuch der Frauen in Köln. Seit sie 1986 den Kölner Frauengeschichtsverein gründete kommt Vergessenes und Verdrängtes ans Licht und wird vor allem ganz lebendig erfahrbar bei Stadtrundgängen, Schifffahrten und einem Besuch bei den Frauen auf dem Melatenfriedhof. Das besondere feministische Engagement Irene Frankens gilt nicht nur der historischen Forschung, sondern vor allem der Verbreitung des Wissens über die Vielfalt und Bedeutung der Frauen in ihrer Stadt. Bücher wie „Das Köln der Frauen“ und „Hexen – die Verfolgung von Frauen in Köln“, die Ausstellungen „10 Uhr pünktlich Gürzenich – 100 Jahre bewegte Frauen in Köln“ und „Ja, das Studium der Weiber ist schwer“ sowie in jüngster Zeit Ton- und Szenencollagen geben den Kölner Bürgerinnen ihre Geschichte zurück. Durchhaltevermögen und Zivilcourage gehörten dazu, das männliche Privileg zu durchbrechen, allein die Geschichte der Stadt auf dem restaurierten Rathausturm zu repräsentieren. Auf ihre Kompetenz bauten die Grünen im Rat und später alle Ratsfrauen, als sie Irene Franken beauftragten, Vorschläge für weibliche Figuren auf dem Turm zu machen – und das bedeutete auch, jede Einzelne gegen Ignoranz und Arroganz verteidigen zu müssen. Heute schmücken den Turm 106 männliche und 18 weibliche Repräsentantinnen der Stadtgeschichte. Für die Jury ist es eine große Freude, eine Frau zu ehren, die so viele Frauen aus der Vergangenheit in die Gegenwart geholt und auf diese Weise geehrt hat." Laudatorin waren Dr. Ingrid Strobl und und die Bürgermeisterin Angela Spizig.[3]
  • 2006 wurde in einer Feierstunde im Festsaal des ehrwürdigen Münsteraner Rathauses die Münsteraner Öko-Bäckerin und Feministin Rike Kappler geehrt.[4] Sie gründete die Bäckerei cibaria , die vor allem junge Frauen ausbildete. " Wir bieten unseren Mitarbeiterinnen reale berufliche Perspektiven und jungen Frauen die Möglichkeit, in einem männlich dominierten Handwerk ihre Chance wahrzunehmen. Jede, die nach der Ausbildung weiter bei cibaria beschäftigt sein möchte, wurde in der Vergangenheit übernommen. Das will ich auch in Zukunft so beibehalten.", gab sie in einem Interview bekannt.[5] Eine der Ziele war die Vereinbarkeit von Beruf und Familie für die Angestellten, Rike Capller nahm auch allein erziehende Mütter ins Team auf.
  • 2008 wurde der Preis erstmals an ein feministisches Projekt vergeben, die Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) autonome Frauenhäuser.[6] "Die in der LAG zusammengeschlossenen 27 autonomen Frauenhäuser setzen sich intensiv mit struktureller und anderer Gewalt gegen Frauen auseinander und kämpfen für ein gewaltfreies und selbstbestimmtes Leben von Frauen.", hieß es in der Beolbigung. Laudatorin war Laudatorin: Dr. Anita Heiliger. Es wurde gewürdigt, dass die Landesarbeitsgemeinschaft des Landes NRW "aktiv mit vielfältigen Aktionen, mit Umfragen, mit Aufklärungskampagnen und in zahlreichen Gremien meinungsbildend, fordernd, gestaltend daraufhin wirkt, Gewalt gegen Frauen in der Beziehung und Familie sichtbar zu machen und zu bekämpfen. "Mit ihrem Projekt „Frauennetz gegen Gewalt“ präsentiert die LAG alle relevanten Hilfeangebote für von Gewalt betroffene Frauen in NRW. Dieses Angebot ist einmalig im Bundesgebiet und richtet sich ebenso an Hilfe suchende Frauen als auch an Fachkräfte."[7]
  • Die letzte Geehrte war 2010 die Sportsoziologin und Lehrerin Dr. Birgit Palzkill.[8] Birgit Palzkill hatte nach einer Karriere als Leistungssportlerin sich u.a. dem Thema „Gewalt gegen Mädchen und Frauen im Sport“ zugewandt. "Als Lehrerin an einer Gesamtschule und als Fortbildnerin für LehrerInnen engagiert sie sich seit über 25 Jahren insbesondere in den Bereichen Gewaltprävention und Gender-Kompetenz. 1990 untersuchte sie für ihre Dissertation 'Zwischen Turnschuh und Stöckelschuh' die Situation lesbischer Athletinnen im Leistungssport. Dabei benennt sie Diskriminierung und Männerbündelei im Sport ebenso wie den Sport als Zufluchtsort. Sie zahlte dabei des öfteren "den Preis massiver persönlicher Anfeindungen." (Frauke Mahr) Fachverbände rweagierten massiv abwehrend und Dr. Palzkill wurde aus der Sportlehrerfortbildung ausgeschlossen. Die gemeinsame mit dem Soziologen Michael Klein verfasste Studie wurde dennoch zum Auslöser für die Entwicklung entscheidender präventiver Konzepte zu sexualisierter Gewalt im Sport.[9]


Ende des Preises

Dr. Birgit Palzkill war die letzte Geehrte, danach wurde die privat organisierte und finanzierte zweijährliche Auszeichnung beendet. Der Preis der Kette ging an die erste Geehrte zurück.

Am Samstag, den 1. September 2012, fand eine Veranstaltung statt, bei der die noch lebenden früheren Preisträgerinnen des Inge-von-Bönninghausen-Preises 'Sternschnuppe' trafen und über die Werte sprachen, die sie vertreten haben und weiter 'vererben' wollen. Es folgte eine Diskussion mit jungen Feministinnen und Gender-Expertinnen über die Frage, welche angesprochene Werte und Projektideen diese 'erben' wollen, welche Gemeinsamkeiten es gibt und zukünftig geben soll.[10]
  1. http://www.blattus.de/kaz/texte/b_kaz/boenninghausen-inge.html
  2. http://www.blattus.de/kaz/texte/e_kaz/evers-delia.html
  3. vgl. http://www.taz.de/!704345/
  4. http://www.blattus.de/kaz/texte/k_kaz/kappler-rike.html
  5. NRhZ-Online - Neue Rheinische Zeitung, Online-Flyer Nr. 64 vom 03.10.2006, http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=10213.
  6. http://www.blattus.de/kaz/texte/f_kaz/frauenhaeuser-autonome.html
  7. vgl. http://www.frauenhaus-dortmund.de/Frauenhaus-Dortmund/Aktuelles/Archiv/Inge_von_Boenninghausen_Preis-%E2%80%9ESternschnuppe%E2%80%9C-an-Landesarbeitsgemeinschaft-verliehen/139875,1031,139774,-1,0,2,0,0.aspx
  8. http://www.blattus.de/kaz/texte/p_kaz/palzkill-birgit.html
  9. vgl. http://www.blattus.de/kaz/texte/p_kaz/palzkill-birgit.html
  10. vgl. http://frauengeschichtsverein.de/home/sternschnuppe-2012/