Ida Auerbach

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Ida Auerbach, geb. Kohn (* 16. Juni 1869 in Bennisch, heute Horní Benešov im tschechischen Verwaltungsbezirk Bruntál; + 5. August 1942 in New York) war langjährige Leiterin des Israelitischen Frauennverein Köln und aktives Mitglied der Jüdischen Gemeinde Köln. Die Künstlerin Edith Auerbach ist ihre Tochter. Der demokratische Kandidat bei der US-Präsidentenwahl von 2004 und spätere Außenminister John Kerry ist ihr Großneffe.


Herkunft, Kindheit und Bildung

Ida Kohn kam aus der kleinen Stadt Bennisch nahe der polnischen Grenze in dem zum Habsburgerreich gehörigen Teil Schlesiens. Heute heisst der Ort Horní Benešov und gehört zum tschechischen Verwaltungsbezirk Bruntál (ehemals Freudenthal). Die regionale Identität der Anwohner:innen lautete meist Mährer:in, aber eher noch Österreicher:in. Bennisch war eine aufstrebende Bergbaustadt. 1880 soll sie 4.200 Einwohner:innen aufgewiesen haben, davon überwiegend ethnische Deutsche; um die 25 von ihnen sollen jüdische Einwohner:innen gewesen sein.[1] Ida Kohns Eltern waren laut einem Kirchenregister der BraumeisterBenedikt Kohn und als Mutter Mathilde Frankel aus Oberglogau.[2]. Es war die zweite Ehe des Vaters, er hatte bereits fünf Kinder aus erster Ehe. Neben diesen Stiefgeschwistern hatte das Mädchen Ida zwei leibliche Brüder, Fritz (später Frederik) und Otto. Da es in Bennisch keine eigene jüdische Gemeinde gab, wurden die jüdischen Geburten auf den letzten Seiten des katholischen Taufregisters eingetragen.[3]

Der Vater starb, als sie ca. sieben Jahre alt war. Daraufhin verließ die Mutter mit den drei Kindern Bennisch und zog in einen Vorort Wiens, nach Mödling um, wo verwandte von ihr lebten. Es heisst, dass sie allen drei Kindern eine gute Schulausbildung ermöglichte.[4]

Ida Kohn besuchte vermutlich ein Mädchenlyzeum, das es Gymnasien noch nicht gab. Üblichweise schlossen die Absolventinnen eine Ausbildung zur Lehrerin an, darüber gibt es jedoch bei Ida keine schriftlichen Quellen. Nach ihrem Lehrerinnenexamen soll sie ein Studium der Sozialarbeit absolviert haben, so Yvonne Küsters. Die Brüder haben das Gymnasium besucht und mit Auszeichnung abgeschlossen.

Haltung zur Religion und Eheschließung

Ida Kohns Brüder konvertierten wegen des zunehmenden Antisemitismus zum Katholizismus. Besonders Fritz Kohn scheint stark darunter gelitten zu haben. Er hatte eine höhere Schule besucht, hatte in der Armee gedient und anschließend in der Schuhfabrik eines Onkels bei Mödling als accountant gearbeitet. 1896 trat er über. Der jüngere Otto Kohn studierte Jura und Kunstgeschichte in Wien, schlug dann aber eine Militärlaufbahn ein. Unter anderem focht er in der Schlacht von Isonzo.- Es gab für jüdische Männer starke berufliche Limitierungen, gerade beim Militär. er trat 1901 über.

Ida verweigerte sich dieser Transformation und blieb lebenslang Jüdin.

1898 heiratete sie den 14 Jahre älteren Arzt Dr. Benjamin Auerbach aus Köln und zog nach Westdeutschland. Sie bekam zwei Töchter: Edith (1899)[5] und Lisbeth/Liese (1900). Zunächst wohnte die Familie in der Mohrenstrasse 14, zog dann nach kurzer Zeit in die Mohrenstraße 35–37.[6] Die Familie war der Synagogen-Gemeinde Roonstraße angeschlossen und gehörte zum liberalen Judentum.

Der Ehemann gehörte zu den Kölner Honoratioren. Er wurde 1885 zum leitenden Arzt des Jüdischen Asyls für Kranke und Altersschwache (damals noch in der Silvanstrasse) gewählt und führte diese hochgeschätzte Einrichtung mit all seiner Leidenschaft; er organisierte dann 1908 den Neubau als Israelitisches Asyl für Kranke und Altersschwache in Neuehrenfeld und machte es zu einem modernen Krankenhaus mit hervorragendem medizinischen und pflegerischen Ruf, das auch bei Christ:innen beliebt war. Seit 1898 führte er zudem im Wohnhaus Mohrenstrasse eine Praxis für Allgemeinmedizin und Geburtshilfe. Er war Mitgründer von bedeutenden sozialen Einrichtungen und Vereinen und wurde zum „Geheimen Sanitätsrat“ ernannt, einem Ehrentitel. Laut Barbara Becker-Jákli war Benjamin Auerbach nicght nur Anhänger sozialer Reformen, sondern tendierte selbst zur SPD, was in dem Milieu ungewöhnlich war.[7]

Soziales Engagement

Da Ida Auerbach selbst nur wenige Texte veröffentlichte, kennen wir ihre politische Justierung nicht. Die Modernisierung der traditionellen jüdischen Wohlfahrtsarbeit war ihr ein großes Anliegen. Hier ging sie mit ihrem Mann konform. Dieser scheint bzgl. der Rolle der Frau in Arbeit eine fortschrittliche Einstellung gehabt zu haben. Er unterstützte in seinem Krankenhaus die Einstellung von Ärztinnen und war ab 1909 jahrelang Vorstandsvorsitzender des Vereins für Jüdische Krankenpflegerinnen in Köln.

Weder die Mutterschaft noch die zahlreichen Verpflichtungen des Ehemannes hinderten Ida Auerbach daran, sich karitativ und frauenpolitisch zu engagieren. Sie hatte selbst keine direkte Verbindung zum Asyl, sondern wählte eigene Schwerpunkte.[8] Zunächst engagierte sie sich im Auftrag der Stadt Köln als ehrenamtliche Armenpflegerin - eine der frühesten Formen der professionallen Sozialarbeit von Frauen.

Sodann trat sie dem ehrwürdigen Israelitischer Frauenverein bei. Vermutlich trat sie als erstem Kölner Frauenverein dem Israelitischen Frauenverein bei, von dem wir eben gehört haben. Hier gründete sie 191_ den jüdischen Arbeitsnachweis für Frauen und leitete ihn bis 1938.

Einzelnachweise

  1. Die Verwandschaft zu John Kerry veranlasste einige Recherchen zu dem Ort, vgl. https://www.nytimes.com/2004/05/16/us/kerry-s-grandfather-left-judaism-behind-in-europe.html.
  2. vgl. https://www.israelnationalnews.com/Articles/Article.aspx/13700. Der Genealoge aus Bennisch/Horní Benešov war Felix Gundacker.
  3. "The handwritten entry was included in the Pages for Israelites kept by the church in towns with small Jewish communities.", http://www.johnkerry.at/FG_Kerry_Grossvater.htm ansehen: Felix Gundacker, im März 2004, Stand: 2. Februar 2013
  4. vgl. http://www.johnkerry.at/FG_Kerry_Grossvater.htm
  5. Edith Auerbach * 11.3.1899 wurde Zeichnerin und lebte die längste Zeit ihres Lebens in Paris, vgl. Broekema, Pauline (2020): Tekenares van Montparnasse. Het eigenzinnige kunstenaarsleven van Edith Auerbach, Amsterdam/Antwerpen, Uitgeverij De Arbeiderspers 2020; vgl. Kerseboom, Willem; Guus, Maria (2001): Edith Auerbach. An Introduction. Haarlem: Ars et animatio.
  6. Vgl. Becker-Jákli, Barbara (2004): Das jüdische Krankenhaus in Köln. Die Geschichte des Israelischen Asyls für Kranke und Altersschwache 1869-1945. Köln (Schriften des NS-Dokumentationszentrums der Stadt Köln, 11), S. 375.
  7. Vgl. Becker-Jákli, Barbara (2004), S. 145.
  8. Vgl. Becker-Jákli, Barbara (2004), S. 238.