Haus Luise

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Haus Luise (* 1953 in Köln-Lindenthal) war ein Frauenwohnprojekt der Nachkriegszeit in Köln

Gründung

In der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg war es zu einer großen Wohnungsnot gekommen, und ledige Frauen suchten dieser zu begegnen, indem sie kollektive Wohnprojekte ins Leben riefen.

Gemeinsames Zusammenwohnen von Frauen hat in Köln eine Tradition bis ins Mittelalter (Beginen). Das letzte Wohnstift, das explizit an die Beginen-Idee anküpfte war der Sophienkonvent von 1853 in der Südstadt. Der Stadtverband Kölner Frauenvereine gründete - zum Teil auf Grundstücken ehemaliger Beginenhäuser - zwischen 1923 und 1933 vier Wohnheime für in Armut geratene Seniorinnen, sog. 'Kleinrentnerinnen'.[1] Mitte des 20. Jahrhunderts standen alleinstehende Frauen am untersten Ende der gesellschaftlichen Rangskala. Nach dem Krieg konnten sie nicht auf eine Unterstützung bei der Wohnungssuche hoffen: „Die mit öffentlichen Mitteln geförderten Neubauwohnungen durften nur an Familien vergeben werden. Den Alleinstehenden standen in den Evakuierungsorten oder den zerstörten Städten in der Regel nur behelfsmäßige Unterkünfte zur Verfügung. Auch in Köln fristeten viele von ihnen in feuchten Souterrainwohnungen, regendurchlässigen Dachklammern und Garagen ein trauriges Leben, während andere mit einer Schlafstelle bei Verwandten und bekannten vorliebnehmen mußten.“[2] Die SPD-Zeitung führte aus: „… alleinstehende Damen … sind im Bundesgebiet in der Überzahl. Um sie ist es meist schlechter bestellt als um Männer.“[3]

Frauen, die gerne geheiratet hätten, fanden aufgrund der zahlenmäßig überwiegenden männlichen Kriegstoten und in Gefangenschaft verbliebenen Soldaten keine Partner, andere wollten ihren Beruf im öffentlichen Dienst ausüben, was die Eheschließung ausschloss. Wieder andere wollten explizit ein Leben mit Frauen teilen. Einigen Aktivistinnen der bürgerlichen Frauenbewegung von vor 1933 machten es sich zur Aufgabe, zumindest einige Frauen aus dieser entwürdigenden Situation zu erlösen. Ausgangsbasis für das Haus Luise war der Zusammenschluss von Ehemaligen eines Kölner Mädchengymnasiums.

Eine Gruppe von ehemaligen Schülerinnen der Königin-Luise-Schule aus dem Vorkriegsköln, darunter Oberregierungsrätin Dr. Rosemarie Ellscheid, die beruflich mit den Rückführungen von Evakuierten zu tun hatte, und die amtierende Landes-Kultusministerin [Christine Teusch], initiierten Ende der 1940er Jahre das Wohnprojekt „Haus Luise“.[4]

Ellscheid: „Mein Interesse an dem bau dieses Hauses begann gegen Ende des Jahres 1948, als kurz nach der Währungsreform bei mir in der Regierung eine mir unbekannte Dame erschien , sich als Sibylle Schmidt und ehemalige Kreisfürsorgerin vorstellte. Sie erbat im Auftrag des ‚Vereins der ehemaligen Schülerinnen der Königin-Luise-Schule’ meine Mithilfe bei der Beseitigung des Riesennotstandes, nämlich der Wohnungsnot der Mitglieder des Vereins. Diese werde deshalb besonders empfunden, weil es sich um unverheiratete berufstätige Töchter oder Witwen altbekannter Kölner Familien handele, die früher in besten Verhältnissen gelebt hätten und deren Notlage sich der Öffentlichkeit nicht so sehr aufdränge wie die der minderbemittelten Bevölkerung. Nach ihrer Ansicht gebe es keine andere Lösung als die Errichtung eines Neubaues.“ Darunter war z.B. eine Witwe der Familie Stollwerck. [5] Ellscheid war laut ihren Erinnerungen eher aus Mitleid mit der agilen Frau bereit, dieser zu helfen. Zufälligerweise waren am morgen es gleichen Tages öffentliche Mittel für den Wohnungsbau für alleinstehende Personen per Erlaß ermöglicht worden.[6].

Aufgabenstellung und Zielgruppe

Es wurde ein Kuratorium aus neun ehemaligen Königin-Luisen-Schülerinnen gebildet. Ellscheid wurde erste Vorsitzende.[7] Das 1950 gegründete Kuratorium übernahm die Verhandlungen mit der Baugesellschaft, den Behörden und Kreditgebern. „Das Kuratorium sieht seine Aufgabe darin, alleinstehenden berufstätigen Frauen, besonders aber denjenigen, die durch Kriegsjahre Habe und Wohnung verloren haben, eine ihren besonderen Belangen entsprechende neue Wohnstätte im Rahmen eines gepflegten Heimes zu bieten.“[8] Es ließ sich, obwohl es die Eigentumsrechte an die Baugesellschaft übertrug, die Mitwirkung an der Auswahl der Kandidatinnen, das Kündigungsrech und die Betreuung der Gemeinschaftseinrichtungen vertraglich zusichern.

Erwerb und Bau

Die zweite Vorsitzende des Vereins ehemaliger Schülerinnen der Königin-Luise-Schule, Sibylle Schmidt, hatte im zerstörten Köln – weitgehend zu Fuß - aus 55 auf eine Anzeige angebotene Baugrundstücken das Trümmergrundstück in Lindenthal ausgewählt, auf dem einmal vier Einfamilienhäuser gestanden hatten, und den Zuschlag der Hamburger Erbengemeinschaft erwirkt.[9] Das Haus wurde damit in einem akademisch-bürgerlich geprägten Stadtteil angesiedelt. Die Kandidatinnen mussten ein zinsloses Baudarlehen einbringen, um die für den Bau erforderlichen Eigenmittel beizuschaffen. Ihre Vorstellungen flossen als Richtlinie in die Bauplanungen mit ein. Als Architekt wurde P. F. Schneider gewonnen[10], Bauherr war die Wohnungsgesellschaft für den Landkreis Köln m.b.H., heute GWG Wohnungsgesellschaft mbH Rhein-Erft. Deren Vorsitzender Josef Scheuren unterstützte das Projekt intensiv.[11]

Einzug

Bereits ca. ein Jahr nach der Grundsteinlegung konnten die ersten Bewohnerinnen einziehen. Bis Ende Juni 1953 waren alle sesshaft. Das Kuratorium hatte unter mehreren hundert Bewerberinnen auswählen können. Alle Interessentinnen hatten die Bedingung erfüllen müssen, „lastenausgleichsberechtigte Vertriebene oder heimkehrwillige Evakuierte ohne zumutbaren Wohnraum“ zu sein, wie Ellscheid berichtet.“[12]

„Nur wer die furchtbare Wohnungssituation der alleinstehenden Frauen nach dem zweiten Weltkrieg in einer zu 90 Prozent zerstörten Stadt miterlebt hat, kann ermessen was es für die mehr als 70 ‚Ehemaligen’ bedeutete, nicht mehr in einem Trümmergrundstück , möbliert oder bei Verwandten nur geduldet, hausen zu müssen, sondern wieder ein kleines eigenes Heim zu haben, eine Wohnung mit einer Türe, die man schließen  kann, wenn man Alleinsein möchte, die aber auch zugleich die Möglichkeit bietet, mit anderen Frauen Kontakt zu pflegen, wenn man die Einsamkeit nicht erträgt.“ Das Wohnhaus wurde ein Erfolg. Die wohnungslosen Kölnerinnen der bürgerlichen Elite hatten sich wegen der Nutzung bestehender Grundmauern über das vorgeschriebene Wohnniveau von 23 qm pro Wohnung hinweg setzen können. 

Rosemarie Ellscheid schrieb später: „In dieser Situation war es schon außergewöhnlich und wohl einmalig, daß in Köln-Lindenthal … durch private Initiative ein architektonisch schönes und für die damaligen Verhältnisse als ‚luxuriös’ zu bezeichnendes Haus mit abgeschlossenen Kleinwohnungen, Balkonen, Dach- und Vorgärten sowie einem intimen Gärtchen hinter dem Gebäude für alleinstehende Frauen entstehen konnte.“Referenzfehler: Für ein <ref>-Tag fehlt ein schließendes </ref>-Tag.

Das gemeinsam entwickelte architektonische Konzept wurde laut Ellscheid für spätere kollektive Wohnbauten zum Modell: Das Modell von ‚Haus Luise’ ist vom Bund Deutscher Architekten als besonders interessant für eine Wanderausstellung ausgewählt worden, die in vielen Städten des In- und Auslandes gezeigt wurde.[13] Es war als Mehrgenerationenhaus geplant, ohne dass der Begriff üblich gewesen wäre. Sibylle Schmidt zog selbst ein und leitete ehrenamtlich das Haus bis zu ihrem Tod 1964. Hier trafen sich nun auch die nichtkonfessionellen Frauengruppen der 1950er Jahre. Es gab Gemeinschaftsräume wie die Küche, sodann ‚Fremdenzimmer’ für Besuch. Selbst die sozialdemokratische Zeitung lobte das Projekt: „Mit dem Grundstein zu dem geplanten Luisenheim in Lindenthal wird gleichzeitig der erste Stein zum Grabe einer Daseinform gelegt, die mit dem Begriff ‚Möbliertes Zimmer’ umrissen ist. Der Architekt habe „verschiedene gute Gedanken gefasst. Darunter sind einige ketzerische bis revolutionäre“. Köln erhalte einen „bisher völlig unbekannten Wohntypus, der seinen Bewohnerinnen ein geringstes maß an nötigem Gemeinschaftssinn abfordert und ihnen einen weitgehenden Spielraum für die eigene Persönlichkeit zugesteht.[14] Die Tradition des Frauenwohnhauses hatte eine zeitgemäße weltliche Form gefunden.

=Frühe Bewohnerinnen

  • Luise Breuer, geb. Stollwerck
  • Anna Kempges, Studienrätin
  • Dr. ### Rösgen, Studienrätin
  • Ida Hoffmann , Schwester der Stifterin Auguste Gerling
  • Anna Fiersbach, deren Freundin

Aktueller Stand

Vermutlich in den 1980er Jahren wurde das Haus „den zeitgenössischen Ansprüchen entsprechend“ umgebaut, statt 65-70 gab es danach nur noch 42 Wohnungen. Referenzfehler: Für ein <ref>-Tag fehlt ein schließendes </ref>-Tag.


=Literatur über Haus Luise

  • Rosamaria Ellscheid: Erinnerungen 1896-1987, Köln 1988 = Veröffentlichungen des Kölnischen Stadtmuseums, Heft V, bes. S. 237-245
  • Rosemarie Enscheid (sic) Das ‚Haus Luise’, Köln Lindenthal, Uhlandstraße 21, in: Stadt Köln (Hrsg.) Königin-Luise-Schule 1871 – 1971. Festschrift zur Hundertjahrfeier der Städtischen Königin-Luise-Schule, Köln, o.J. [1971], S. 51-52
  • Rosemarie Ellscheid: Der Stadtverband Kölner Frauenvereine. Ein Kapitel Frauenbewegung und Zeitgeschichte von 1909-1933. Verlag M. Du Mont Schauberg Köln 1983
  • Irene Franken: Köln. Der Frauen-Stadtführer, Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 1995
  • Sully Roecken: Der Stadtverband Kölner Frauenvereine und seine angeschlossenen Vereine. In: Zehn Uhr pünktlich Gürzenich. Hundert Jahre bewegte Frauen in Köln, hg. vom Kölner Frauengeschichtsverein, Agenda-Verlag, Münster 1995, S. 183-219Irene Franken: Köln. Der Frauenstadtführer, Köln 2007, S. 183-219

weblinks

Einzelnachweise

  1. In der Jakobstraße nutzte der Verein Kleinrentnerinnenheim ein Grundstück, auf dem ein mittelalterlicher Beginenkonvent gestanden hatte.
  2. Rosamaria Ellscheid: Erinnerungen 1896-1987, Köln 1988 = Veröffentlichungen des Kölnischen Stadtmuseums, Heft V, S. 236
  3. Februar 1950, zit. nach Ellscheid: Erinnerungen, S. 242
  4. Die ehemaligen Schülerinnen waren seit 1931 in dem „Verein ehemaliger Schülerinnen der Königin-Luise-Schule“ zusammengeschlossen. Ihre jeweiligen Vorsitzenden sind dem Kölner Adressbuch zu entnehmen. Vgl. Maria Gebauer: Vierzig Jahre alt … in: Stadt Köln (Hrsg.) Königin-Luise-Schule 1871 – 1971. Festschrift zur Hundertjahrfeier der Städtischen Königin-Luise-Schule, Köln, o.J. [1971], S. 50. Gebauer erinnert sich: „Das Haus Luise … [wurde] unter der Patenschaft unseres Vereins gegründet und geleitet, …“. Vorsitz hatten zu der Zeit der Planung Hedy Heß und Sibylle Schmidt. Letztere war stark in die praktischen Vorbereitungsarbeiten einbezogen.
  5. Ellscheid: Erinnerungen, S. 244
  6. Ellscheid: Erinnerungen, S. 237
  7. Zweite Vorsitzende war im Juli 1950: Studiendirektorin Hedy Heß, geb. Scharrenbroich, Geschäftsführerin Sibylle Schmidt (woanders 1. Schriftführerin und Kassenwartin), sodann Lina Schumacher, Hedwig Vogts/Vogt, geb. Giesen, Erna Küster (2. Schriftführerin und Kassenwartin), Erika Molis, geb. von Netzer. Als männliche Mitglieder des Kuratoriums wurden der Architekt Schneider, Landgerichtsdirektor Dr. Walter Sieberg und der juristische Berater Landgerichtsdirektor Eberhard Müller aufgenommen. Christine Teusch schließlich wurde Ehrenvorsitzende, ebenso Auguste Gerling, geb. Hoffmeister. vgl. ebenda. S. 52, und Ellscheid: Erinnerungen , S. 237. Beide Ehrenvorsitzende waren eifrige Spenderinnen. Verstorbene wurden später durch Roswitha Cramer, Lilo Deppe, Dr. Elfriede Dreiner, Dr. Martha Feger und Lisel Feger ersetzt.
  8. Zit. nach Ellscheid: das ‚Haus Luise’, Köln Lindenthal, Uhlandstraße 21, in: Stadt Köln (Hrsg.) Königin-Luise-Schule 1871 – 1971. Festschrift zur Hundertjahrfeier der Städtischen Königin-Luise-Schule, Köln, S. 51
  9. vgl. Ellscheid: Erinnerungen, S. 238
  10. Sein Nachlass, auch zum Haus Luise, befand sich im Historischen Archiv der Stadt Köln: http://www.archive.nrw.de/LAV_NRW/jsp/findbuch.jsp?archivNr=2&tektId=1444&id=01453
  11. vgl. Ellscheid: Das ‚Haus Luise’, Köln Lindenthal, Uhlandstraße 21, in: Stadt Köln (Hrsg.) Königin-Luise-Schule 1871 – 1971. Festschrift zur Hundertjahrfeier der Städtischen Königin-Luise-Schule, Köln, hier S. 51
  12. Ellscheid: Erinnerungen, S. 239
  13. Ellscheid: Erinnerungen, S. 241
  14. Rheinische Zeitung, Februar 1950, zit. nach Ellscheid: Erinnerungen, S. 242

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