Frauenstunde: Unterschied zwischen den Versionen

Aus FrauenGeschichtsWiki
Wechseln zu: Navigation, Suche
Zeile 4: Zeile 4:
 
==Entstehung und Kontextualisierung==  
 
==Entstehung und Kontextualisierung==  
 
Die WERAG gründete 1928 einen 'Frauenfunk' und machte die frühere Fürsorgerin [[Marie-Theres van den Wyenbergh]] zu seiner Leiterin. Nach ersten Versuchen mit dezentralen Rundfunksendern im gesamten Reichsgebiet und nach dem Abzug der englischen Besatzer im Rheinland gründete sich ein regionaler Betreiber für den Westen WEFAG.<ref>Die „Westdeutsche Funkstunde AG“ (WEFAG) in Münster war ein Vorläufer seit 1924.</ref>  
 
Die WERAG gründete 1928 einen 'Frauenfunk' und machte die frühere Fürsorgerin [[Marie-Theres van den Wyenbergh]] zu seiner Leiterin. Nach ersten Versuchen mit dezentralen Rundfunksendern im gesamten Reichsgebiet und nach dem Abzug der englischen Besatzer im Rheinland gründete sich ein regionaler Betreiber für den Westen WEFAG.<ref>Die „Westdeutsche Funkstunde AG“ (WEFAG) in Münster war ein Vorläufer seit 1924.</ref>  
Im Herbst 1926 wurde diese „Westdeutsche Funkstunde AG“ nach Köln verlegt, ein neues Funkhaus entstand in der Dagobertstraße. Zeitgleich erfolgte die Umbenennung in „Westdeutsche Rundfunk AG“ (WERAG) zum 1. Januar 1927.<ref>Die WERAG wurde Mitglied in der Dachorganisation der regionalen Rundfunkgesellschaften im Deutschen Reich, der Reichs-Rundfunk-Gesellschaft (RRG). Ab dem 15. Januar 1927, abends um 8 Uhr, sendete die WERAG vom Sender Langenberg, heute in Velbert und ab Herbst 1927 aus Köln-Raderthal.</ref> der Frauenfunk war im Organisationsplan der Abteilung ''Vortragswesen'' angegliedert.<ref> Vgl. den Organisationsplan [https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/9/92/WERAG_Organigramm_1929.jpg].</ref> Ebenso gab es als Spartenprogramme eine Jugendstunde und eine Kinderstunde.  
+
Im Herbst 1926 wurde diese „Westdeutsche Funkstunde AG“ nach Köln verlegt, ein neues Funkhaus entstand in der Dagobertstraße. Zeitgleich erfolgte die Umbenennung in „Westdeutsche Rundfunk AG“ (WERAG) zum 1. Januar 1927.<ref>Die WERAG wurde Mitglied in der Dachorganisation der regionalen Rundfunkgesellschaften im Deutschen Reich, der Reichs-Rundfunk-Gesellschaft (RRG). Ab dem 15. Januar 1927, abends um 8 Uhr, sendete die WERAG vom Sender Langenberg, heute in Velbert und ab Herbst 1927 aus Köln-Raderthal.</ref>Der Frauenfunk war im Organisationsplan der Abteilung ''Vortragswesen'' angegliedert.<ref> Vgl. den Organisationsplan [https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/9/92/WERAG_Organigramm_1929.jpg].</ref> Ebenso gab es als Spartenprogramme eine Jugend- und eine Kinderstunde.  
  
  
 
==Radiosendungen für Frauen in der Weimarer Republik==  
 
==Radiosendungen für Frauen in der Weimarer Republik==  
 
+
Die Geschichte von Frauen im frühen Radio ist ein Forschungsdesiderat.<ref>Kate Lacey referierte u.a. auf Tagungen zu: ‘A Fair Hearing: Listening, Gender and Citizenship in the Weimar Republic’. Invited paper at international symposium on Geschlechterordnung und Politik in der Weimarer Republik at the Fritz-Ebert Gedenkstätte, Heidelberg, July 2013.</ref>  In den 1920er Jahren war Radio ein Leitmedium der Moderne. Auch die bürgerliche Frauenbewegung wollte sich seiner bedienen. In der Frauenstunde, die dreimal wöchentlich halbstündlich lief, wurden neben den üblichen „Frauenthemen“ wie Mutter und Kind, Erziehungsfragen, Bücher für Frauen auch Themen für die berufstätige Frau behandelt, z. B. „Praktische Rechtsfälle aus dem Leben der Berufsfrau“.<ref>Vgl. Ankündigungen in der Programmzeitschrift ''Werag – Offizielles Organ der Westdeutschen Rundfunk AG Köln'', die ab 1926 wöchentlich im hauseigenen Rufu-Verlag erschien. Sämtliche Themen der Frauensendungen zwischen 1928 bis 1933 sind des weiteren sind nebst Sendedatum und Autorin in einem Sendebuch überliefert, vgl. WDR-Archiv, D 195.</ref>  
In den 1920er Jahren war Radio ein Leitmedium der Moderne. Auch die bürgerliche Frauenbewegung wollte sich seiner bedienen. In der Frauenstunde, die dreimal wöchentlich halbstündlich lief, wurden neben den üblichen „Frauenthemen“ wie Mutter und Kind, Erziehungsfragen, Bücher für Frauen auch Themen für die berufstätige Frau behandelt, z. B. „Praktische Rechtsfälle aus dem Leben der Berufsfrau“.<ref>Vgl. Ankündigungen in der Programmzeitschrift ''Werag – Offizielles Organ der Westdeutschen Rundfunk AG Köln'', die ab 1926 wöchentlich im hauseigenen Rufu-Verlag erschien. Sämtliche Themen der Frauensendungen zwischen 1928 bis 1933 sind des weiteren sind nebst Sendedatum und Autorin in einem Sendebuch überliefert, vgl. WDR-Archiv, D 195.</ref>  
 
 
Marie Theres van den Wyenbergh, Jg. 1902, war ursprünglich Wohlfahrtspflegerin (heute: Sozialarbeiterin), sie war auch zunächst in der Wohlfahrtspflege tätig. Sie hatte zwei Kinder, war geschieden und voll berufstätig, so gehörte sie damals nicht zum gängigen Frauenbild der Hausfrau und Mutter. Erstaunlicherweise wurde gerade sie 1928 mit dem Aufbau des Frauenfunks betraut.
 
Marie Theres van den Wyenbergh, Jg. 1902, war ursprünglich Wohlfahrtspflegerin (heute: Sozialarbeiterin), sie war auch zunächst in der Wohlfahrtspflege tätig. Sie hatte zwei Kinder, war geschieden und voll berufstätig, so gehörte sie damals nicht zum gängigen Frauenbild der Hausfrau und Mutter. Erstaunlicherweise wurde gerade sie 1928 mit dem Aufbau des Frauenfunks betraut.
  
Zeile 27: Zeile 26:
 
Der ersten Entlassungswelle im Januar / Febraur 1933 nach der Amtseinführung des neuen Intendanten Heinrich Glasmeier entging sie noch, aber sie konnte sich nicht lange im Amt halten. Sie wurde denunziert, schlecht über den Führer gesprochen zu haben, wurde fristlos entlassen und musste noch am gleichen Tag ihr Büro räumen.
 
Der ersten Entlassungswelle im Januar / Febraur 1933 nach der Amtseinführung des neuen Intendanten Heinrich Glasmeier entging sie noch, aber sie konnte sich nicht lange im Amt halten. Sie wurde denunziert, schlecht über den Führer gesprochen zu haben, wurde fristlos entlassen und musste noch am gleichen Tag ihr Büro räumen.
  
Zunächst gab es noch die Sendung „Stunde der Frau“, deren Themen nicht überliefert sind. Die Reihe wurde jedoch sehr bald eingestellt. Im NS-Rundfunk hatten Spartenprogramme dieser Art keinen Platz mehr. Vielmehr diente der NS-Rundfunk, der nun direkt dem Propagandaministerium von Goebbels unterstand, der Absicht, die Bevölkerung auf das neue Weltbild einzustimmen. Kritische Reflektion über Rollenbilder und intellektuelle Themen störten da nur. Dagegen setzte man auf einen umfänglichen Unterhaltungsrundfunk und heimattümelnde Sendungen mit viel Musik.
+
Zunächst gab es noch die Sendung „Stunde der Frau“, deren Themen nicht überliefert sind. Die Reihe wurde jedoch sehr bald eingestellt. Im NS-Rundfunk hatten Spartenprogramme dieser Art keinen Platz mehr. Vielmehr diente der NS-Rundfunk, der nun direkt dem Propagandaministerium von Goebbels unterstand, der Absicht, die Bevölkerung auf das neue Weltbild einzustimmen.<ref>Vgl. Lacey, Kate: Driving the message home. Nazi propaganda in the private sphere, in: Abrams, L and Harvey, E (eds.): Gender relations in German history. Power agency and experience from the sixteenth to the twentieth century. Duke University Press, Durham, N.C., 1996, S. 189 - 210.</ref> Kritische Reflektion über Rollenbilder und intellektuelle Themen störten da nur. Dagegen setzte man auf einen umfänglichen Unterhaltungsrundfunk und heimattümelnde Sendungen mit viel Musik.
 
Für die Mutter von zwei Kindern folgt eine schwierige Zeit, sie hatte Verdienstverbot und  durfte daher nie mehr als 200 Mark verdienen. Eine Anstellung bei der Fa. Krupp in Essen ermöglichte ihr das Überleben.
 
Für die Mutter von zwei Kindern folgt eine schwierige Zeit, sie hatte Verdienstverbot und  durfte daher nie mehr als 200 Mark verdienen. Eine Anstellung bei der Fa. Krupp in Essen ermöglichte ihr das Überleben.
  
Zeile 42: Zeile 41:
 
   
 
   
 
==Literatur über WERAG und Frauensendungen ==  
 
==Literatur über WERAG und Frauensendungen ==  
* Bierbach, Wolf: Von Wefag und Werag. Rückblick und Chronik I; (1924 - 33) Sendung: 10. Okt. 1974, 2. Progr. ; Ms. WDR Westdt. Rundfunk. Hauptabt. Politik. Landesred.  (UB Köln)   
+
* Am Puls der Zeit. 50 Jahre WDR. Köln Kiepenheuer & Witsch, 2006.  * Bierbach, Wolf: Von Wefag und Werag. Rückblick und Chronik I; (1924 - 33) Sendung: 10. Okt. 1974, 2. Progr. ; Ms. WDR Westdt. Rundfunk. Hauptabt. Politik. Landesred.  (UB Köln)   
* Am Puls der Zeit. 50 Jahre WDR. Köln Kiepenheuer & Witsch, 2006.
+
* Dinghaus, Angelika: Frauenfunk und Jungmädchenstunde. Ein Beitrag zur Programmgeschichte des Weimarer Rundfunks, phil. diss, Fakultät für Geistes- und Sozialwissenschaften Hannover  2002.  
 
* Klatt, Michael: Professionalisierung im Weimarer Rundfunk. Das Beispiel WEFAG/WERAG, Köln bis 1932/33 Münster (Westfalen), Univ., Mag.-Arb., 1985.  
 
* Klatt, Michael: Professionalisierung im Weimarer Rundfunk. Das Beispiel WEFAG/WERAG, Köln bis 1932/33 Münster (Westfalen), Univ., Mag.-Arb., 1985.  
* Schaad, Nicole: Radio. "Das Ohr zur Welt". Elisabeth Thommen und die Rollenleitbilder der Frauenstunden 1924 bis 1950, in: Veronika Aegerter [u.a.] (Hgg.): Geschlecht hat Methode. Zürich : Chronos Verlag, 1999, S. 71-85.  
+
* Kuhlmann, Herta: Die¬ Frau und der Rundfunk unter besonderer Berücksichtigung des Frauenfunks, Berlin  1942.
*  Roecken, Sully: Der Stadtverband Kölner Frauenvereine und seine angeschlossen Vereine, in: "10 [Zehn] Uhr pünktlich Gürzenich". Hundert Jahre bewegte Frauen in Köln. Zur Geschichte der Organisationen und Vereine, Münster agenda, 1995, S. 183-219.
+
*Lacey, Kate: Continuties and change in women's radio, in: Crisell, A (ed.): More than a music box: radio cultures and communities in a multi-media world. New York Berghahn Books, 2004, S. 145-164.
* Tyrakowski, Marlene: "Die machten aus uns keine Nazi'ssen". Kölner Frauenbewegung und Nationalsozialismus, in: "10 [Zehn] Uhr pünktlich Gürzenich". Hundert Jahre bewegte Frauen in Köln. Zur Geschichte der Organisationen und Vereine, Münster agenda, 1995, S. 246-263.
+
* Lacey, Kate: Feminine frequencies. Gender, German radio and the public sphere, 1923-1945. University of Michigan Press 1997.* Roecken, Sully: Der Stadtverband Kölner Frauenvereine und seine angeschlossen Vereine, in: "10 [Zehn] Uhr pünktlich Gürzenich". Hundert Jahre bewegte Frauen in Köln. Zur Geschichte der Organisationen und Vereine, Münster agenda, 1995, S. 183-219. * Schaad, Nicole: Radio. "Das Ohr zur Welt". Elisabeth Thommen und die Rollenleitbilder der Frauenstunden 1924 bis 1950, in: Veronika Aegerter [u.a.] (Hgg.): Geschlecht hat Methode. Zürich : Chronos Verlag, 1999, S. 71-85.
 
+
* Tyrakowski, Marlene: "Die machten aus uns keine Nazi'ssen". Kölner Frauenbewegung und Nationalsozialismus, in: "10 [Zehn] Uhr pünktlich Gürzenich". Hundert Jahre bewegte Frauen in Köln. Zur Geschichte der Organisationen und Vereine, Münster agenda, 1995, S. 246-263.
 +
* Braun, Annegret: Frauenfunk und Frauenalltag 1945-1968. Zeitschichte aus der Perspektive von Frauen, in: Behmer, Markus; Hasselbring, Bettina (Hgg.): Radiotage, Fernsehjahre: Studien zur Rundfunkgeschichte nach 1945, Münster Lit-Verlag, 2006, S. 163ff.
 +
 
  
 
==Archivalien==
 
==Archivalien==
 
* WDR Unternehmensarchiv (WDR UA), D195 Sendebuch  
 
* WDR Unternehmensarchiv (WDR UA), D195 Sendebuch  
* WDR-Archiv UA, D 192: Interview Dr. Montenbruck mit Marie-Theres van den Wyenbergh am 07.03.1966  
+
* WDR UA, D 192: Interview Dr. Montenbruck mit Marie-Theres van den Wyenbergh am 07.03.1966  
 
* WDR UA, D 19 zur Entlassung
 
* WDR UA, D 19 zur Entlassung
* WDR Sendeprotokolle HF im WDR UA zur Nachkriegszeit  
+
* WDR Sendeprotokolle HF im WDR UA zur Nachkriegszeit  
 +
* Kölner Stadtanzeiger  vom 13.11.30-574 Die Frau und der Rundfunk und Westdeutscher Rundfunk akzeptiert Programmvorschläge für Frauenstunde
 +
* Kölner Stadtanzeiger vom 02.09.1928-445 u.a. Plakat mit Angabe der Rundfunkhörer*innenzahlen
 +
* In der Kölnischen Zeitung gab es ausführliche Hinweise auf Sendungen
  
  
Zeile 60: Zeile 64:
 
* https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:WERAG_Organigramm_1929.jpg  
 
* https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:WERAG_Organigramm_1929.jpg  
 
* https://portal.dnb.de/bookviewer/view/1099116341#page/n0/mode/1up  
 
* https://portal.dnb.de/bookviewer/view/1099116341#page/n0/mode/1up  
 +
* http://www.ard.de/home/die-ard/fakten/Frauenfunk/449386/index.html über die »klassische« Zielgruppen-Sparte des Hörfunks mit Themen und Sendungen für die (Haus-)Frau
  
  

Version vom 15. März 2020, 21:34 Uhr

Frauenstunde (* 1928 in Köln; † 1933 in Köln) war eine Radiosendung der WERAG ("Westdeutsche Rundfunk AG“).


Entstehung und Kontextualisierung

Die WERAG gründete 1928 einen 'Frauenfunk' und machte die frühere Fürsorgerin Marie-Theres van den Wyenbergh zu seiner Leiterin. Nach ersten Versuchen mit dezentralen Rundfunksendern im gesamten Reichsgebiet und nach dem Abzug der englischen Besatzer im Rheinland gründete sich ein regionaler Betreiber für den Westen WEFAG.[1] Im Herbst 1926 wurde diese „Westdeutsche Funkstunde AG“ nach Köln verlegt, ein neues Funkhaus entstand in der Dagobertstraße. Zeitgleich erfolgte die Umbenennung in „Westdeutsche Rundfunk AG“ (WERAG) zum 1. Januar 1927.[2]Der Frauenfunk war im Organisationsplan der Abteilung Vortragswesen angegliedert.[3] Ebenso gab es als Spartenprogramme eine Jugend- und eine Kinderstunde.


Radiosendungen für Frauen in der Weimarer Republik

Die Geschichte von Frauen im frühen Radio ist ein Forschungsdesiderat.[4] In den 1920er Jahren war Radio ein Leitmedium der Moderne. Auch die bürgerliche Frauenbewegung wollte sich seiner bedienen. In der Frauenstunde, die dreimal wöchentlich halbstündlich lief, wurden neben den üblichen „Frauenthemen“ wie Mutter und Kind, Erziehungsfragen, Bücher für Frauen auch Themen für die berufstätige Frau behandelt, z. B. „Praktische Rechtsfälle aus dem Leben der Berufsfrau“.[5] Marie Theres van den Wyenbergh, Jg. 1902, war ursprünglich Wohlfahrtspflegerin (heute: Sozialarbeiterin), sie war auch zunächst in der Wohlfahrtspflege tätig. Sie hatte zwei Kinder, war geschieden und voll berufstätig, so gehörte sie damals nicht zum gängigen Frauenbild der Hausfrau und Mutter. Erstaunlicherweise wurde gerade sie 1928 mit dem Aufbau des Frauenfunks betraut.

Sie brachte die praktischen Themen aus ihrem früheren Berufsfeld ein. Immer ging es der Redakteurin um die Vermittlung von handfesten Informationen, z.B. „Jugendpflege für kinderreiche Familien“, "Wie sehen die Gesetze zum Schutz der Kinder und Jugendlichen aus", "Welche Möglichkeiten der Mütterferien gibt es" usw. Ihr Ziel war die Aufklärung über Rechte und Möglichkeiten, sei es für die berufstätige Frau oder die Hausfrau und Mütter. So machte Marie-Theres van den Wyenbergh beispielsweise 1929 Beiträge über die „volkswirtschaftliche Haushaltsführung“ oder die „Führung eines Wirtschaftsbuches“. Sie stellte des weiteren Frauenberufe vor. 1929 informierte sie z.B. über die weibliche Polizei. 1931 und 1932 sendete sie Sondervorträge zur Frage der Abrüstung, für die sich in Köln eine Kommission für praktische Friedensarbeit um Asta Brügelmann stark machte.[6]

Sie verpflichtete überwiegend Frauen für ihre Themen, die sie aus allen Bereichen holte:

  • aus der Politik (SPD: Dr. Hanna Meuter, Dr. Herta Kraus, Hertha Maria Funck; Zentrum: Dr. Emmi Wingerath, Dr. Amalie Lauer, Sybilla Hartmann, sowie Else Schmücker),
  • von konfessionellen Verbänden, vor allem dem Katholischen Deutschen Frauenbund (Dr. Gerta Krabbel u. Antonia Hopmann),
  • aus dem Stadtverband Kölner Frauenvereine (Dr. Grete Oevel u. Elsa Hackenjost sowie die Herausgeberin der Frauenzeitschrift „Die Frau und ihr Haus“ Else Wirmighaus).

Sie selbst verfasste 1929 das Manuskript zu einer siebenteilige Sendereihe über die Frauenbewegung zwischen 1848 und der Gegenwart, das sie ggf. mit Unterstützung des Stadtverbandes Kölner Frauenvereine entwickelt hatte. Damit versuchte sie, den Frauenfunk auf ein breites demokratisches Fundament zu stellen und ein vielseitiges Angebot zu schaffen. Noch 1933 plante die Redakteurin eine Sendereihe „Frau und Recht“.


Nationalsozialismus

Die Nationalsozialistinnen ließ sie außen vor. So ist es leicht nachzuvollziehen, dass sie auf die Kritik der NSDAP stieß. Bereits 1932 wurde sie bei öffentlichen Vorträgen von NS-Frauen massiv angepöbelt und als deutschfeindlich verunglimpft; es wurde ihr abgesprochen, sich politisch zu äußern. [7]. Der ersten Entlassungswelle im Januar / Febraur 1933 nach der Amtseinführung des neuen Intendanten Heinrich Glasmeier entging sie noch, aber sie konnte sich nicht lange im Amt halten. Sie wurde denunziert, schlecht über den Führer gesprochen zu haben, wurde fristlos entlassen und musste noch am gleichen Tag ihr Büro räumen.

Zunächst gab es noch die Sendung „Stunde der Frau“, deren Themen nicht überliefert sind. Die Reihe wurde jedoch sehr bald eingestellt. Im NS-Rundfunk hatten Spartenprogramme dieser Art keinen Platz mehr. Vielmehr diente der NS-Rundfunk, der nun direkt dem Propagandaministerium von Goebbels unterstand, der Absicht, die Bevölkerung auf das neue Weltbild einzustimmen.[8] Kritische Reflektion über Rollenbilder und intellektuelle Themen störten da nur. Dagegen setzte man auf einen umfänglichen Unterhaltungsrundfunk und heimattümelnde Sendungen mit viel Musik. Für die Mutter von zwei Kindern folgt eine schwierige Zeit, sie hatte Verdienstverbot und durfte daher nie mehr als 200 Mark verdienen. Eine Anstellung bei der Fa. Krupp in Essen ermöglichte ihr das Überleben.

Nachkriegszeit und 1970er Jahre

Der Frauenfunk lebte 1946 kurz nach Neuanfang wieder auf und war fester Bestandteil des Programms unter englischer Besatzung bzw. nach 1948 dem NWDR. Allerdings konnte Marie-Theres van den Wyenbergh am Kölner Sender NWDR nicht mehr anknüpfen, sie fand 1947 eine Redakteursanstellung als Leiterin des Frauenfunks beim SWR.

Der programatische Sendename der neuen Kölner "Frauensendung" war "Haus und Gesundheit“, aber dennoch war eines der ersten Themen "Frauenberufe", denn die Frauenmehrheit musste wie nach dem Ersten Weltkrieg wieder viele früher von Männern besetzte Arbeitsplätze einnehmen. Hier wurde die Telefonistin ebenso vorgestellt wie die Kinderärztin. Frauenarbeit wurde immer wieder thematisiert. Es gab aber auch 5 Minuten für die Frau, täglich morgens um 7.25 Uhr. Erst im Zuge der neuen Frauenbewegung wurde wieder eine anspruchsvollere Sendung möglich. Nach einer Hörfunkreform war Ute Remus mit anderen WDR-Kolleginnen ab 1995 Redakteurin und Moderatorin des neuen Frauenmagazins „abwasch“ bei WDR 5, später Venus FM genannt.


Literatur von WERAG

  • Werag – Offizielles Organ der Westdeutschen Rundfunk AG Köln, Rufu-Verl. [1.]1926; 2.1927 bis 14.1939] (UB Köln)
  • Westfunk. Kleine Ausgabe der Werag, mit den Programmen des Westdeutschen Rundfunks und der Grossender, Köln [1.1926 - 16.1941,22]

Literatur über WERAG und Frauensendungen

  • Am Puls der Zeit. 50 Jahre WDR. Köln Kiepenheuer & Witsch, 2006. * Bierbach, Wolf: Von Wefag und Werag. Rückblick und Chronik I; (1924 - 33) Sendung: 10. Okt. 1974, 2. Progr. ; Ms. WDR Westdt. Rundfunk. Hauptabt. Politik. Landesred. (UB Köln)
  • Dinghaus, Angelika: Frauenfunk und Jungmädchenstunde. Ein Beitrag zur Programmgeschichte des Weimarer Rundfunks, phil. diss, Fakultät für Geistes- und Sozialwissenschaften Hannover 2002.
  • Klatt, Michael: Professionalisierung im Weimarer Rundfunk. Das Beispiel WEFAG/WERAG, Köln bis 1932/33 Münster (Westfalen), Univ., Mag.-Arb., 1985.
  • Kuhlmann, Herta: Die¬ Frau und der Rundfunk unter besonderer Berücksichtigung des Frauenfunks, Berlin 1942.
  • Lacey, Kate: Continuties and change in women's radio, in: Crisell, A (ed.): More than a music box: radio cultures and communities in a multi-media world. New York Berghahn Books, 2004, S. 145-164.
  • Lacey, Kate: Feminine frequencies. Gender, German radio and the public sphere, 1923-1945. University of Michigan Press 1997.* Roecken, Sully: Der Stadtverband Kölner Frauenvereine und seine angeschlossen Vereine, in: "10 [Zehn] Uhr pünktlich Gürzenich". Hundert Jahre bewegte Frauen in Köln. Zur Geschichte der Organisationen und Vereine, Münster agenda, 1995, S. 183-219. * Schaad, Nicole: Radio. "Das Ohr zur Welt". Elisabeth Thommen und die Rollenleitbilder der Frauenstunden 1924 bis 1950, in: Veronika Aegerter [u.a.] (Hgg.): Geschlecht hat Methode. Zürich : Chronos Verlag, 1999, S. 71-85.
  • Tyrakowski, Marlene: "Die machten aus uns keine Nazi'ssen". Kölner Frauenbewegung und Nationalsozialismus, in: "10 [Zehn] Uhr pünktlich Gürzenich". Hundert Jahre bewegte Frauen in Köln. Zur Geschichte der Organisationen und Vereine, Münster agenda, 1995, S. 246-263.
  • Braun, Annegret: Frauenfunk und Frauenalltag 1945-1968. Zeitschichte aus der Perspektive von Frauen, in: Behmer, Markus; Hasselbring, Bettina (Hgg.): Radiotage, Fernsehjahre: Studien zur Rundfunkgeschichte nach 1945, Münster Lit-Verlag, 2006, S. 163ff.


Archivalien

  • WDR Unternehmensarchiv (WDR UA), D195 Sendebuch
  • WDR UA, D 192: Interview Dr. Montenbruck mit Marie-Theres van den Wyenbergh am 07.03.1966
  • WDR UA, D 19 zur Entlassung
  • WDR Sendeprotokolle HF im WDR UA zur Nachkriegszeit
  • Kölner Stadtanzeiger vom 13.11.30-574 Die Frau und der Rundfunk und Westdeutscher Rundfunk akzeptiert Programmvorschläge für Frauenstunde
  • Kölner Stadtanzeiger vom 02.09.1928-445 u.a. Plakat mit Angabe der Rundfunkhörer*innenzahlen
  • In der Kölnischen Zeitung gab es ausführliche Hinweise auf Sendungen


weblinks


Einzelnachweise

  1. Die „Westdeutsche Funkstunde AG“ (WEFAG) in Münster war ein Vorläufer seit 1924.
  2. Die WERAG wurde Mitglied in der Dachorganisation der regionalen Rundfunkgesellschaften im Deutschen Reich, der Reichs-Rundfunk-Gesellschaft (RRG). Ab dem 15. Januar 1927, abends um 8 Uhr, sendete die WERAG vom Sender Langenberg, heute in Velbert und ab Herbst 1927 aus Köln-Raderthal.
  3. Vgl. den Organisationsplan [1].
  4. Kate Lacey referierte u.a. auf Tagungen zu: ‘A Fair Hearing: Listening, Gender and Citizenship in the Weimar Republic’. Invited paper at international symposium on Geschlechterordnung und Politik in der Weimarer Republik at the Fritz-Ebert Gedenkstätte, Heidelberg, July 2013.
  5. Vgl. Ankündigungen in der Programmzeitschrift Werag – Offizielles Organ der Westdeutschen Rundfunk AG Köln, die ab 1926 wöchentlich im hauseigenen Rufu-Verlag erschien. Sämtliche Themen der Frauensendungen zwischen 1928 bis 1933 sind des weiteren sind nebst Sendedatum und Autorin in einem Sendebuch überliefert, vgl. WDR-Archiv, D 195.
  6. Vgl. Roecken, Sully: Asta Brügelmann, in: Zehn Uhr pünktlich Gürzenich, Köln 1985, S. 223-225.
  7. WDR-Archiv, Interview, D 192
  8. Vgl. Lacey, Kate: Driving the message home. Nazi propaganda in the private sphere, in: Abrams, L and Harvey, E (eds.): Gender relations in German history. Power agency and experience from the sixteenth to the twentieth century. Duke University Press, Durham, N.C., 1996, S. 189 - 210.


FrauenGeschichtsWiki ist ein Projekt des Kölner Frauengeschichtsverein e.V. Eine erste Version des Taxtes verfasste die WDR-Historikerin Petra Witting-Nöthen, Abt. Dokumentation und Archive. Informationen stammen aus dem WDR-Archiv und unserem Vereinsarchiv. Wir freuen uns über weitere Hinweise an wiki@frauengeschichtsverein.de