Barbara Joos

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Barbara Joos, geb. Graß (* 31.10.1883 in NN; † 01.12.1939 in Köln oder im Elsaß) war eine rheinische katholische Verbandspolitikerin und zeitweilig Ko-Schriftleiterin der Zeitschrift Frau und Mutter.[1]

Leben und Aktivitäten

Barbara Graß arbeitet seit 1906 als Sekretärin bei den Katholischen Arbeiterinnenvereinen Westdeutschlands. 1908 heiratete sie den einflussreichen katholischen Zentrumspoltiker Joseph Joos, einen katholischen Arbeitervereinsfunktionär und später (Chef-)Redakteur der Westdeutschen Arbeiterzeitung, und bekam mit ihm sieben Kinder.[2]

Sie lebte in Mönchen-Gladbach, Düsseldorf und in Köln. Im Katholischen Frauenbund mit Sitz in Köln arbeitete sie mit Emilie und Antonie Hopmann, Minna Bachem-Sieger, Augusta Schroeder, Minna Schumacher-Köhl, Dr. Julia Dünner, Dr. bzw. Prof Amalie Lauer und Christine Teusch zusammen.

Sie gab in der späten Weimarer Republik zusammen mit Rosa Breuer die Zeitschrift "Mutter" des Verbandes der Katholischen Frauen- und Müttervereine heraus und sorgte 1931 für deren relaunch und Umbenennung in "Frau und Mutter".[3] Das monatliche Medium hatte eine halbe Million Bezieherinnen, es stammte aus dem Kontext des Volksvereins für das katholische Deutschland, bei dem auch Joseph Joos tätig war. Oberster Leiter war jedoch der Generalpräses Hermann Klens.


1925 hielt sie einen Vortrag auf der Frauentagung der Jahrtausendausstellung in Köln, die während der mehrjährigen Besatzung Kölns durch Briten stattfand: "Familie und Deutschtum".[4] Auf dieser "Deutschen Frauenwoche am Rhein" vom 22. bis 25. Juni 1925 vertrat sie einen starken Nationalismus:

"Wir wissen aber noch ganz genau, daß der Sieg unentschieden. Wachsamkeit ist oberstes Gebot! Unser Deutschtum schlechthin gilt es zu wahren, allen lockenden Sirenenklängen von Befriedung durch Internationalisierung zum Trotz. ... Es ist unsere feste Überzeugung, jetzt wie damals so oft kann und wird Heil und Rettung kommen durch die Familie. Wir sind nun einmal das familienhafteste Volk. Mythos, Sage und Lied, Geschichte und Kunst, Vergangenheit und Gegenwart lassen das erkennen. Die Göttinnen des deutschen Olymp konnten vom Volke nur als himmlische Mütter des Hauses gedacht werden. Wo die griechische Göttin den Speer führt, da führt die deutsche den Spinnrocken."[5]

Sie sah Innerlichkeit und Innigkeit vor allem bei deutschen Familien beheimatet.[6] Barbara Joos kritisierte in dem Vortrag aber auch, der innere Kern der Familie sei angefault, sei es durch Männer, die vor der Ehe nicht keusch lebten, Bordelle, Verherrlichung des Ehebruchs in Literatur und Film, Abtreibungen oder syphilitisch geborene Kinder.

"Zucht und Sitte werden durch die Mode Hohn gesprochen. Der Tanz gerade in neuester Zeit ist schamlos. Mich dünkt, wir müssen noch eine andere, eine geistige Wacht am Rhein halten, wir deutschen Frauen! Da liegt viel an uns, daß Wall und Wehr nicht gestürmt werden. Wir sind es ja zuerst und zumeist, die Sitte gestalten.[7] ... Auch die deutsche Familie ist grundgelegt und gestaltet aus deutscher Glaubenskraft. Auch über sie kamen [wie über den Dom, die Verf.] Notzeiten, auch ihr drohte Verfall. Immer aber fanden sich auch Hüter des Heiligtums, daß es nicht versank. Nun aber wollen wir daran gehen, aus Hütern Werkleute zu werden und es auferbauen in alter Reichheit und Schönheit und wollen Gottesdienste darin halten für und für, Heimat und Vaterland zu retten; denn mit Gott in der deutschen Familie wird unser Volk deutsche Feste feiern am deutschen Rhein in abermals tausend Jahren."[8]


Nationalsozialismus

In der Verbandszeitschrift übten die Herausgeberinnen Kritik an den immer stärker werdenden NationalsozialistInnen.[9] Ihnen war früh klar, dass es zu einem Verbot der katholischen Frauenvereine kommen konnte.

Ihr Mann war zeitweilig an Verhandlungen der Zentrumspartei mit der NSDAP beteiligt: "Als im Sommer 1932 das Zentrum Gespräche mit der NSDAP führte, war allerdings auch der zweite Vorsitzende Joos beteiligt. Er war der Überzeugung, durch eine gemeinsame Regierung die rechtsradikale Partei bändigen und einbinden zu können. Das Zentrum führte solche Sondierungen auch in den nächsten Monaten fort, doch Joos war nicht mehr daran beteiligt."[10]

Barbara Joos beteiligte sich am 23. Februar 1933 gemeinsam mit anderen Kölner Katholikinnen an einem Aufruf an die Frauen, in dem sie appellierten, dem Radikalismus eine klare Absage zu erteilen - und das Zentrum zu wählen. Die fünf anderen Beteiligten waren u.a. die Reichstagsabgeordnete und Vorsitzende des Katholischen Mädchenschutzes Christine Teusch, die Ehefrau des amtierenden Oberbürgermeisters, Gussie Adenauer, die Leiterin der Wohlfahrtsschule und Abgeordnete des Preußischen Landesparlaments Dr. Amalie Lauer, die Generalsekretärin des Katholischen Deutschen Frauenbundes Antonie Hopmann sowie die Stadtverordnete und Volksschullehrerin Katharina Zinnicken. "Sie beklagten, daß die Polizei bei den Ausschreitungen nicht mehr eingreife, daß sie bei bestimmten Volksreisen (den Linken) rücksichtslos von der Waffe Gebrauch mache, sich jedoch gegenüber anderen (den Rechten) zurückhalte, um sich 'gut mit ihnen zu stellen'.[11] Sie schrieben: „Die ersten Folgen einer solchen Anweisung haben wir erlebt. Unsere Versammlungen wurden gesprengt, die Redner am Sprechen gehindert, Minister Stegerwald verwundet, Geistliche tätlich angegriffen, katholische Druckereien gestürmt, ohne daß die Polizei eingegriffen hätte. Die Straßenüberfälle häuften sich. Jeder Tag bringt Tote und Verwundete, nicht nur aus den Reigen der radikalen Parteien, sondern auch aus der ruhigen unbeteiligten Bevölkerung. (...) Die traurigen Vorfälle lassen sich nicht allein aus der Erregung des Wahlkampfes erklären; sie sind Ausfluß einer Gesinnung, die hemmungslos Haß predigt und die Vernichtung des Gegners will." Zwar erhoben sie keine frauenspezifischen Forderungen und argumentierten nicht mit Attacken auf Frauenvereine, aber sie wandten sich an die Zielgruppe Frauen, die sie für vernünftig hielten. Bei der nächsten Wahl verfehlten die Nazis zwar noch die absolute Mehrheit und es entschieden sich mehr Frauen gegen die NS-Partei als Männer, aber das war nur ein kurzer Aufschub.

Das Reichskonkordat sicherte für einige Jahre die Existenz der Katholischen ArbeiterInnen- und Müttervereine. 1939 wwurde der Zentralverband der Müttervereine aufgelöst und die Zeitschrift zu Kriegsbeginn mit der Juli-Ausgabe, demnach im 31. Jahr ihres Erscheinens, verboten.

Barbara Joos war eng mit der Jüdin Else Falk befreundet und war 1938 bei dieser anwesend, nachdem SA-Truppen die Wohnung zerstört hatte. Im gleichen Jahr wurde sie zusammen mit ihrem aus dem Elsass stammenden Mann und den Kindern ausgebürgert. Sie starb 1939.


weitere Vereinstätigkeiten

  • Vorstandsmitglied des Reichsbundes der Kinderreichen[12]
  • Mitarbeiterin des Verbandes der katholischen Frauen- und Müttervereine in Düsseldorf, wo das Bundeshaus war.[13]
  • Vorsitzende des Stadtverbandes der katholischen Müttervereine (ab 1928)
  • Mitglied im Katholischen Deutschen Frauenbund, Ortsgruppe Köln


Literatur von Barbara Joos

  • Familie und Deutschtum. Vortrag im Katholischen Deutschen Frauenbund, im Rahmen der deutschen Frauenwoche am Rhein in:

Literatur über Barbara Joos und weiterführende Hinweise

  • Prégardier, Elisabeth; Mohr, Anne: Politik als Aufgabe. Engagement christlicher Frauen in der Weimarer Republik, Annweiler/Essen 1990, S. 434.
  • Prégardier, Elisabeth; Mohr, Anne: Wege zum Wesentlichen. Antonie Hopmann (1882 - 1941), ein Leben für Frauenbewegung und Sozialpolitik, Annweiler [u.a.] 1991 (=Zeugen der Zeitgeschichte, Bd. 1)
  • Sack, Birgit: Zwischen religiöser Bindung und moderner Gesellschaft : katholische Frauenbewegung und politische Kultur in der Weimarer Republik (1918/19 - 1933), Münster [u.a.] 1998.
  • Joos, Joseph: So sah ich sie, Menschen u. Geschehnisse, 1958 in: Frauenland 41(1958), S. 169 f.
  • Joos, Joseph: Leben auf Widerruf. Begegnungen und Beobachtungen im K.Z. Dachau 1941–1945, Olten 1946.
  • Joos, Joseph: Am Räderwerk der Zeit. Erinnerungen aus der kath. und sozialen Bewegung und Politik, Augsburg o. J. [1951]
  • Wachtling, Oswald : Joseph Joos - Journalist, Arbeiterführer, Zentrumspolitiker. Politische Biographie 1878-1933 , 1974 (=Veröffentlichungen der Kommission für Zeitgeschichte Reihe B: Forschungen, Bd. 16) ISBN: 978-3-506-79916-6

weblinks

Einzelnachweise

  1. Die Rahmendaten stammen aus der Promotionsarbeit von Birgit Sack: Zwischen religiöser Bindung und moderner Gesellschaft : katholische Frauenbewegung und politische Kultur in der Weimarer Republik (1918/19 - 1933), Münster [u.a.] 1998, S.
  2. Joseph Joos, 1878-1965, wurde 1919 bis 1928 oder 1933 Mitglied der Nationalversammlung bzw. Reichstagsabgeordneter des Zentrums. 1928 gründete er in Köln die „Katholische Arbeiterinternationale“ gegen Völkerhass mit, der vor allem Verbände aus Europa und Lateinamerika angehörten. Als katholischer Sozialpolitiker und vor allem weil er im Elsass geboren und somit franzöischer Staatsbürger war, wurde er für vier Jahre im KZ Dachau interniert (Entlassung 1945). Der Ehemann hatte zeitweilig mit der SPD geliebäugelt und gab - nun aus Zentrumsperspektive - ein Buch heraus: Die sozialdemokratische Frauenbewegung in Deutschland. Mönchen-Gladbach 1912. Vgl zur Biografie Kordula Kühlem: Joos, Joseph. Schriftleiter, Zentrumspolitiker, (... ) römisch-katholisch, online: https://www.kas.de/statische-inhalte-detail/-/content/joos-joseph o.D.
  3. der Untertitel war "Zeitschrift des Verbandes der katholischen Frauen- und Müttervereine Deutschlands - Sendbote des Gebetsapostolats", vgl. https://www.kfd-bundesverband.de/frau-und-mutter/archiv/archiv-2017-100-jahrgang-frau-und-mutter/.
  4. Abdruck in Erneuerung der Familie. Vorträge geh. bei Gelegenheit der Dt. Frauenwoche am Rhein, Köln 1925.
  5. S. 72.
  6. Vgl.ebenda S. 72.
  7. S. 77.
  8. ebenda, S. 78.
  9. Vgl. https://www.kfd-bundesverband.de/frau-und-mutter/archiv/archiv-2017-100-jahrgang-frau-und-mutter/.
  10. zit. nach https://www.kas.de/web/geschichte-der-cdu/personen/biogramm-detail/-/content/joseph-joos-v1 . Obwohl er gegen das Ermächtigungsgesetz war und dies auch artikulierte beugte er sich am 23.3.1933 der Parteidisziplin.
  11. Zit. nach: Elisabeth Pregardier: Absage an die Diktatur. Vor 60 Jahren: Mutiger Wahlaufruf prominenter Kölner Frauen, in: Kirchenzeitung Köln, 7/93, S. 12.
  12. Vgl. dazu Stephenson,Jill : "Reichsbund der Kinderreichen". The League of Large Families in the Population Policy of Nazi Germany, in: European History Quarterly, 9 (1979) 3, S. 351–375.
  13. Vgl. https://www.kfd-bundesverband.de/geschichte/

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