Adele Meurer

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(Luise Emilie) Adele Meurer, geb. Bunge (* 9. November 1852 in Antwerpen; † 23. Januar 1923 in Marburg) war eine Kölner Mäzenin und Mitglied der bürgerlichen Frauenbewegung. Von 1909 bis 1923 war sie erste Vorsitzende des Zweigvereins Köln (Ortsgruppe Köln) des Allgemeinen Deutschen Frauenvereins.

Herkunftsfamilie

Adele Bunge war eine von vier Töchtern des Kaufherrn Gustav (Otto) Bunge (* 1. April 1821 in Amsterdam;† 1891)[1] und der Adele Maria Andreae (* 16. Juli 1828, † 12. Oktober 1899) aus Mülheim am Rhein. Adele Bunge entstammte mütterlicherseits einer wohlhabenden protestantischen Dynastie rheinischer Tuchfabrikanten, die auch im Kupfer- und Weinhandel tätig war.[2] Es handelt sich um Nachfahren des nach Mülheim eingewanderten protestantischen Samtwebers Christoph Andreae.[3]

Die Familie Bunge zog Mitte der 1850er Jahre nach Köln. Köln war damals "die finanzielle Hauptstadt, vor Frankfurt oder Berlin… Insofern war Köln für den Kaufmann Bunge anziehend.“[4] 1859 firmierte Gustav Bunge im Kölner Adressbuch als „Kaufmann der Firma Bunge und Borlage, New York“.[5] Auf einem Bild "Ankunft der Familie Bunge in Köln" von Adeles Onkel Karl Christian Andreae ist die Ankunft der Eltern, der vier Töchter und des Sohnes per Schiff nahe Groß St. Martin zu erkennen.[6]

Sowohl die väterliche Familie Bunge als auch die mütterliche Linie der Andreae waren sehr reich. Ein Indikator dafür ist der Bau einer Villa im Süden von Bonn, wozu die Eltern Bunge ein Jahr nach Adeles Geburt ein großes Grundstück auf dem Areal des ehemaligen Schlosses der Herzöge von Jülich-Berg in den südlichen Rheinlanden erwarben. Sinzig. Sie ließen dort - wie es im Kölner Großbürgertum üblich war - durch einen illustren Architekten, in diesem Fall dem Architekten und späteren Dombaumeister Vinzenz Statz, ein Gebäude für die Sommerfrische der Kölner Familie errichten.[7] Über den Sommer weilten die Kölner Familien, die es sich leisten konnten - zumindest die Mütter mit Kindern und Bedienstetetn - in ihren Villen in guter Luft. Ein rationaler Grund war die hygienische Gefahr in der sommerlichen Großstadt Köln.[8]

Geschwister

  • Die älteste Schwester war Johanna Bunge (*1851; †1934), sie heiratete 1872 den Unternehmer und Bankier Ernst Koenigs. Ernst Königs war Sohn der Wilhelmine Mevissen und des Kommerzienrats Franz W. Königs[9];
  • eine weitere Schwester, (Laura) Agnes Bunge (*1854; †1912) verband sich mit dem Kommerzienrat Moritz Hasenclever aus Remscheid bzw. Burg. [10]
  • die vierte Schwester, (Clara Wilhelmine) Klara Bunge, liierte sich mit ihrem Schwager Richard Koenigs, ggf. ein Landrat aus Lennep.[11]
  • Der Bruder Gustav (Gustav Carl Christoph) Bunge wiederum war mit Antoinette Osterrieth liiert. Er wurde später Fabrikant in Hönningen am Rhein[12].


Ehe

Adele Bunge, die in Köln aufwuchs, heiratete 1872 den Industriellen Otto Meurer ( (*3. Mai 1841; † 9. September 1921). Er war Sohn des Kölner Kaufmanns und Bergwerksbesitzers Wilhelm Meurer.[13] Adeles Schwiegervater Wilhelm Meurer war Mitinitiator und -besitzer des 1855 gegründeten Schwazer Bergwerksvereins[14]. Nach dessen Tod im Jahre 1867 übernahm von den vier Kindern Otto Meurer die Firmenleitung beim Bergbau. Der Industrielle stellte u. a. Bergwerkserzeugnisse her und hielt Patente.[15] Er ließ 1874/5 in Porz-Zündorf eine Anlage mit drei Hochöfen nach seiner Frau benennen: die Adelenhütte.[16] Er sorgte auch für den Bau einer evangelischen Kirche in Porz. Das Paar bekam vier Kinder, darunter den Maler Erich Meurer.[17] Die Familie lebte in den 1910er Jahren in der Kölner Inennstadt, Mühlenbach 54-56. Nachdem die Firma für Chemische Erzeugung in den Filzengraben 2 B gezogen war, verlagerten die Meurers ggf. auch die Privaträume dorthin. Damit lebte die protestantische Familie neben der protestantischen Trinitatiskirche. Die Familie besaß ein Ferienhaus im Tessin.


Politisches und karitatives Wirken

Über Adeles Schulbildung ist nichts bekannt. Ihr wird zunächst eine Neigung zu den damals üblichen Beschäftigungen junger Frauen nachgesagt: Musik, Malerei und kunstgewerbliche Arbeiten. Als lebenserfahrene Frau wandte sie sich stärker der Sozialarbeit und Politik zu. Zunächst wurde sie für lange Jahre ehrenamtlich Armenpflegerin der Stadt Köln - oft eine Einstiegstätigkeit für Honoratiorengattinnen, da die häusliche Armenpflege keiner emanzipatorischen Inhalte verdächtig war. Gegebenfalls aus der Perspektive als Mutter beteiligte sie sich an der Gründung des ersten humanistischen [| Mädchengymnasiums ] in Preußen.


Zusammen mit Alexe Altenkirch fasste sie 1904 die Initiative zur Gründung eines Frauenklubs in Köln, der in einem Nachfolgezweig bis heute existiert als [Lyceumclub Köln]. Adele Meurer war des weiteren Mitbegründerin und zeitweise Vorsitzende des Dachverbandes der Kölner Frauenorganisationen. Stadtverband Kölner Frauenvereine. Auf dem karitativen Feld agierte Adele Meurer weiterhin, indem sie um 1908 einen Sitz im Kuratorium der Koch- und Haushaltsschulen des Kölner Frauen-Fortbildungsvereins in der Severinsmühlengasse 2 übernahm. Gegebenenfalls kam sie hierdurch noch stärker in Kontakt mit der bürgerlichen Frauenbewegung.

1909 wurde sie 1. Vorsitzende des Allgemeinen Deutschen Frauenvereins, Zweigverein Köln (ADF)und blieb dies bis zu ihrem Tod 1923. Sie beteiligte sich in diesem reichsweiten Verein an der Gründung einer Theaterkleiderkammer, bei der verarmte bzw. stellenlose Schauspielerinnen Kostüme ausleihen konnten.

Ungewöhnlich war für ihre Herkunft die Mitwirkung im Frauenstimmrechtsverein, den eine weitläufige Verwandte, Mathilde von Mevissen, mitbegründet hatte. Dieser Verein galt als radikal, auch wenn er keine Gleichberechtigungsforderungen stellte.

Erster Weltkrieg

Während des Krieges, der in Köln als „Frontstadt des Westens“ besonders zur Parteinahme aufforderte, beteiligte sich die 62jährige Adele Meurer als Schriftführerin der Nationalen Frauen-Gemeinschaft, einer kriegsunterstützenden Massenbewegung der bürgerlichen Frauen im Kaiserreich. Sie übernahm die Leitung der Abteilung Kriegshaushalt. Des Weiteren regte sie für Köln die Beteiligung an der Sammlung Gold gab ich für Eisen an.

Weimarer Republik und Tod

Die Haltung der Adele Meurer zur parlamentarischen Demokratie und zur neuen Staatsform der Republik ist nicht überliefert. Dagegen ist eine letzte karitative Gründung im Rahmen des ADF belegbar. 1922 gründete sie zusammen mit Rosa Bodenheimer das sog. Lädchen, eine Initiative für verarmte Bürgerinnen um Wertgegenstände aus Privatbesitz veräußern zu können. Eine ihrer Freundinnen spendete ein Meißner Porzellan, womit die Gründung ihren Anfang nahm. Sie lag zunächst am Quatermarkt, heute Neven-Dumont-Straße.

Ihr Motto soll gewesen sein, zielbewusst zu agieren und Hindernisse als Ansporn zu noch größerer Energie zu begreifen.

Das Grabmal der Familie befindet sich auf dem Melatenfriedhof. Es ist von Vinzenz Statz gestaltet.[18]

Literatur über Adele Meurer

  • Katharina Regenbrecht: Adele Meurer 1852-1923, in: Kölner Frauengeschichtsverein . Hrsg.: „10 Uhr pünktlich Gürzenich". Hundert Jahre bewegte Frauen in Köln, zur Geschichte der Organisationen und Vereine, Münster, Agenda Verlag, 1995. ISBN: 9783929440539, S. 72
  • Robert Steimel: Kölner Köpfe, Köln: Steimel, 1958
  • Rosemarie Ellscheid: Der Stadtverband Kölner Frauenvereine. Ein Kapitel Frauenbewegung und Zeitgeschichte von 1909-1933. Köln 1983.


Archivalien

  • HLA Film 3-18/1-4 und 2-9/1
  • HAStK Bestand 1138

weblinks

Einzelnachweise

  1. Die Familie stammte väterlicherseits ursprünglich aus Unna in Westfalen. Kaufmann Johann Peter Gottlieb Bunge ging nach Brüssel, später nach Antwerpen und Amsterdam. Er gründete 1818 eine Familien-Aktiengesellschaft im Bereich Getreidehandel, die bis heute existiert. Einer seiner neun Söhne war der 1821 in Amsterdam geborene Gustav, der ebenso wie die meisten seiner Brüder Kaufmann wurde. Der Vater Adele Meurers arbeitete für die Firma Bunge & Co, gründete 1859 eine eigene Niederlassung in Brüssel und eine weitere in New York. 1859 wurde er im Kölner Adressbuch als „Kaufmann der Firma Bunge und Borlage, New York“ erwähnt. Gustav starb laut genealogischer Darstellung am 25. Februar 1891, vgl. Hildegard Ginzler: Sinziger Schlossgeschichten – Folge 36 über den Vortrag von Dr. Friedrich-Karl Schröders zur Familiengeschichte im Museum Sinzig: http://www.museum-sinzig.de/tag-des-offenen-denkmals.html; vgl. http://records.ancestry.com gustav_otto_bunge_records.ashx?pid=24427229
  2. Vgl. die Stammtafel 2 aus: Robert Steimel: Mit Köln versippt, Bd. 1, Köln 1955, S. 14; vgl. die Darstellung eines Nachfahren http://www.geni.com/people/Luise-Emilie-Adele-Bunge/6000000001809724454. Die Familiengeschichte wurde weithin dem Beitrag Wilhelm Knippler: Ein Jahrhundert Schloß Sinzig http://www.kreis-ahrweiler.de/kvar/VT/hjb1974/hjb1974.28.htm entnommen. Dieser wiederum verweist auf das genealogische Werk: C. Scheibler/ Dr. Wülfrath, „Westdeutsche Ahnentafeln", I, Weimar 1939, S. 256f, 353 ff., 508.
  3. Adele Marie Andreae war die Schwester von Carl Christian, Christoph, Rudolph und Otto Gustav Andreae, vgl. die Ausführungen von Dr. Friedrich-Karl Schröder auf http://www.museum-sinzig.de/tag-des-offenen-denkmals.html. ____________https://www.aw-wiki.de/index.php/Gustav_Bunge
  4. zit. nach einem Vortrag Dr. Friedrich-Karl Schröders zum Tag des offenen Denkmals über den Schlosserbauer „Gustav Bunge und seine Zeit“, referiert von Hildegard Ginzler http://www.museum-sinzig.de/tag-des-offenen-denkmals.html
  5. zit. nach ebenda.
  6. vgl.http://www.kreis-ahrweiler. de/kvar/VT/hjb1974/hjb1974.28. htm mit Verweis auf Kreisbildstelle. "Über seine Ehefrau entdeckte er seine Faszination für die Malerei.", schreibt ein Blogger über Gustav mit dem Hinweis auf den Bruder seiner Frau. http://rheinland-blogger.blogspot.de/2014/06/mit-dem-rennrad-nach-sinzig.html
  7. Bild: http://www.museum-sinzig.de/. Im Jahre 1806 hatten Justizrat Heinrich Josef Hertgen und J. Peter Broicher das Ruinenfeld erworben, es ging in den 1820er Jahren auf Karl Josef Hertgen über. Nachdem Karl Hertgen gestorben war wurde das Grundstück verkauft; vgl. die Ausführungen auf http://www.kreis-ahrweiler.de/kvar/VT/hjb1974/hjb1974.28.htm und einen Beitrag von Peter Zapp 1941 im Kreisjahrbuch. Die mütterlichen Großeltern Karl Christian Andreae und Johanna Theresa, geb. Rhodius, hatten sich 1848 in der Nachbarschaft auf dem Helenaberg niedergelassen und vermittelten vermutlich den Ankauf. Das Gebäude wurde großartig eingerichtet, die Ausmalung übernahm der Bruder der Ehefrau, [Karl Christian Andreae Karl Christian Andreae], ein Vertreter der Nazarenerschule. Das Gelände war weitläufig, wies Weingärten und Fischteiche auf. "Der Park und die Umgebung wurden nach Weisungen des Gartenbaudirektors Peter Josef Lenne gestaltet…". (von dessen Neffen Joseph August Lenné) Das Schloss wurde später nach einem anderen Zweig, des Schwagers von Adele, „Schloss Koenigs" genant. Es beherbergt heute u. a. das Stadtmuseum Sinzig. Vgl. zuletzt Rheinischer Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz: "Das Sinziger Schloss", = "Rheinische Kunststätten" Nr. 470, ISBN Nummer 3-88094-890-9.
  8. "Andererseits grassierten - mangels Hygiene - Fäkalien im Rinnstein und zuweilen Misthaufen 'bis an die Giebelspitze der Häuser' – Cholera, Pocken, Schwindsucht und Kinderkrankheiten. In der warmen Jahreszeit waren Ungeziefer, Fäulnis und Gestank wohl extrem unerträglich, sodass der, welcher die Mittel besaß, sommers aufs Land ging." zit. nach einem Vortrag Dr. Friedrich-Karl Schröders zum Tag des offenen denkmals über den Schlosserbauer „Gustav Bunge und seine Zeit“, referiert von Hildegard Ginzler http://www.museum-sinzig.de/tag-des-offenen-denkmals.html
  9. vgl. http://www.geni.com/people/Ernst-Koenigs/6000000001809538134
  10. vgl. http://www.geni.com/people/Laura-Agnes-Bunge/6000000001809746781; vgl. http://records.ancestry.com/agnes_bunge_records.ashx?pid=24431479; zu weiteren Nachfahren aus diesem Zweig in Argentinien vgl. http://www.geni.com/people/Carlos-Bunge-Molina-y-Vedia/5206017453450089696 ; http://www.arbolbunge.com.ar/default.htm und Schumacher, Andreas: Die rheinischen Kaufmannseliten in Argentinien - vornehmlich am Beispiel der Familie Bunge, Wiesbaden, Selbstverlag, 2010.
  11. vgl. http://www. geni.com/people/Clara-Wilhelmine-Bunge/6000000001809724730
  12. vgl. https://www.geni.com/people/Gustav-Carl-Christoph-Bunge/6000000001809671529
  13. http://www.geni.com/people/Otto-Meurer/6000000001809771147.
  14. Vgl. Hanneberg, A. und Martinek, K.-P.: Beitrag zur Geschichte des Schwazer Bergwerksvereins Tirol, 1855 bis 1957, in: res montanum, H. 49, 2010, S. 16
  15. vgl. zum Beispiel http://digisrv-1.biblio.etc.tu-bs.de/dfg-files/00039058/DWL/00000356.pdf; vgl. http://patentimages. storage. googleapis. com/pages/US733590-0. png. Otto ; vgl. http://www. patentfish. com/otto-meurer. - Im RWWA befindet sich laut Archive im deutschsprachigen Raum. A–N, O–Z und Register herausgegeben von Paul Wentzcke, Gerhard Lüdtke, Minerva, S. 517 ein Teilnachlass von Otto Meurer.
  16. "Zu den wenigen während des 19. Jahrhunderts auf dem Gebiet des heutigen Stadtteils Zündorf angesiedelten Industriebetrieben gehörte die nach 1874 im Norden Niederzündorfs entstandene Adelenhütte, ein Eisenhüttenwerk mit dazugehöriger Eisengießerei. Sie wurde bereits im Jahre 1929 abgetragen." zit nach http://www.stadt-koeln.de/leben-in-koeln/planen-bauen/projekte/geschichte-des-ortes
  17. "Erich Meurer hat später seine Großkusine Hanna Rhodius geheiratet, eine Enkelin des Malers Carl Christian Andreae, der mit seiner Frau Maria Elvira, geborene Dilthey und zehn Kindern die Villa Helenaberg bewohnte. Diese sollte auch das Domizil von Erich Meurer, vormals Direktor einer Kupferhütte im Sauerland, und seiner Frau Hanna werden. 1924 übersiedelten sie auf den Helenenberg, um das Anwesen in einen landwirtschaftlichen Betrieb umzuwandeln, was ihnen Dank betriebswirtschaftlichem Geschick unter großem finanziellem und persönlichem Einsatz auch gelang, wie Agnes Menacher in ihrem Beitrag zum Heimatjahrbuch 2002 schreibt."Hildegard Ginzler: Sinziger Schlossgeschichten. Filigrane Linien und frische Aquarelle. Aquarelle von Erich Meurer (1879 – 1961). Nachdruck aus der Sinziger Zeitung. online: http://www.museum-sinzig.de/2006-06-aquarelle-von-erich-meurer.html
  18. vgl. Köln und seine Bauten, S. 345.


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