Große Gesundheitsausstellung 1951 in Köln

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Die Große Gesundheitsausstellung 1951 in Köln war eine überreginale Präsentation zum Stand des Gesundheitswesens und der Sozialarbeit in der Nachkriegszeit. Sie beinhaltete eine größere Frauenabteilung.

Kontext

1951 veranstaltete ein breites Bündnis in den Kölner Messehallen eine mehrwöchige Ausstellung unter dem Motto 'Ein Ja zum Leben!' Träger waren u.a. der Dt. Gesundheitsmuseum e.V. Köln, städtische und bundesweite RegierungsvertreterInnen, sodann die großen Wohlfahrtsverbände und Sondergruppen wie Berufs- und Frauenorganisationen und die Messegesellschaft. Hinzu kamen zahlreiche Firmen aus dem Gesundheits- und Hygienebereich; so wurden die modernen Mieder und Tampons zahlreich präsentiert. Köln war zu dieser Zeit noch massiv von Ruinen und Trümmerfassaden gekennzeichent, selbst große Plätze wucherten immer wieder zu. Vermutlich wurde die Ausstellung aus diesem Grund auch nach Köln vergeben - um ein Stück zur Heilung beizutragen. Die Ausstellung sollte LaiInnen und der ÄrztInnenschaft auf die veränderten Aspekte der Gesundheitspflege nach der NS-Zeit hinweisen, allerdings hat sie sich sowohl in mancher Terminologie als auch bei der Auswahl der ReferentInnen noch nicht deutlich von den NS-Gesundheitsthjeoretikern und -praktikerinnen distanziert. Der katholische Eugeniker Hermann Muckermann referierte am 24. Juni 1951 zu "Entwicklung, Vererbung, Erziehung."[1] und auch der von den Alliiierten sofort abgesetzte Kölner Gesundheitsdezernent Carl Coerper konnte als Vertreter seines neuen Arbeitsgebers nach Köln reisen, wo er vielen Zwangssterilisierten nur zu bekannt war.

Während der Ausstellung führten viele Verbände ihre Jahrestreffen in Köln durch, so tagten z.B. die Bezirksschwestern der Hauptfachabteilung Gesundheitswesen der Gewerkschaft ÖTV am 4. Juli 1951 in Köln, am 5. Juli lud der amtierende Beigeordnete Dr. Vonessen die Vereinigung der leitenden Ärzte der Gesundheitsämter von NRW ins Gesundheitsamt am Neumarkt ein, der Hauptausschuss der AWO traf sich unter der Leitung von Lotte Lemke und es lud eben auch die Arbeitsgemeinschaft für das Gesundheitswesen im Institut für öffentliche Angelegenheitennach Köln, der Prof. Carl Coerper vorstand.

Weitere Frauentagungen waren:[2]

  • Deutscher Berufsverband der Sozialarbeiterinnen / Düsseldorf [3]
  • Verband der Kindergärtnerinnen, Hortnerinnen und Jugendleiterinnen / Hildegard Wirtz, Düsseldorf-Kaiserswerth
  • Verband der weiblichen Angestellten / Frau Meinicke, Köln
  • Deutsche Angestelltengewerkschaft - Gruppe der weiblichen Angestellten / Frau Gruschke, Landessekretariat Düsseldorf
  • Agnes-Karll-Verband / Oberin Bröckelchen, Duisburg
  • (Berufs-)Verband katholischer Fürsorgerinnen / MdB Helene Weber, Essen [4]
  • Deutsche Frauenkultur / Frau Weiß, Köln-Buchforst
  • Evangelische Frauenarbeit in Deutschland / Dr. Elisabeth Schwarzhaupt, Frankfurt
  • Deutscher Frauenring / Marga Philips, Köln
  • Katholischer deutscher Frauenbund, Geschäftsstelle Köln / Dr. Gertrud Ehrle
  • Frauenausschuß der FDP / Fraktionszimmer Rathaus, Köln
  • Verband katholischer Frauen- und Müttervereine / Frau Eleonore Krauss, Köln
  • CDU-Frauenausschüsse Köln /StVO Sibilla Hartmann, Köln

Die meisten der Berufsgruppen sind mit kurzen Selbstdarstellungen im Katalog vertreten.

Stadt Köln

Die Stadt Köln war als 'Gastgeberin' besonders stark vertreten, sie stellte mit den Unterabteilungen Gesundheitsamt, Sozialverwaltung, Schulwesen, Kunst und Kultur, Bauverwaltung, Wasserwerke, Verkehr, Entsorgung, Statistisches Amt aus. Zuständig für die große Abteilung war die Verwaltungsrätin Dr. Gertrud Ziskoven. Diese verfasste einen Beitrag für den Katalog, in welchem sie die Geschichte der institutionalisierten Gesundheitsverwaltung Revue passieren ließ.[5] Sie hob besonders die Beiträge von Adenauer als Oberbürgermeister und Krautwig als reichsweit erstem Gründer und Leiter eines kommunalen Gesundheitsamtes zum Ausbau der Gesundheitsdienste und der Ausweitung von Freiflächen hervor. Der NS-Gesundheitsdezernent Carl Coerper wurde von Ziskoven namentlich nicht genannt, knapp billigte sie ihm zu, die Arbeit des ersten Beigeordneten sei in Köln nach dem Tode von Prof. Krautwig (1926) in seinem Geiste verantwortungsbewußt weitergeführt worden. In der Kürze der Darstellung mag durchaus bewusste Kritik stecken, - Ziskoven gehörte zum katholischen Flügel.

Frauenabteilung

Bürgerliche Frauengruppen, die jedoch nicht mehr die Stosskraft der Weimarer Jahre besaßen, schufen unter der Leitung von Eleonore Krauss (zeitweilig im Katalog auch Kraus) und Marga Philip (zeitweilig im Katalog auch Philipps), beide Köln, eine Abteilung in der Messehalle IV.[6] Kraus/s entstammte dem katholischen Lager, Philip/ps dem der nichtkonfessionellen Frauenkulturvereine. Sie nannten die Abteilung 'Welt der Frau'. Zusammengestellt wurde diese als Kooperation "sämtlicher Frauenorganisdationen und -verbände auf Bundesebene".[7] Unter der künstllerischen Leitung von Ilse Rummel aus Düsseldorf boten sie folgende Themenkojen an:

  • Mädchen von heute, Frauen von morgen / Frau Direktorin Winter, Arbeiterinnenberufsschule Köln-Ehrenfeld, Geißelstr. 5
  • Der Weg in die Ehe /Deutscher Frauenring, Frau (eigentlich auch Frl.) Oberregierungsrätin Dr. Rosemarie Ellscheid aus Köln
  • Die werdende Familie / Katholischer deutscher Frauenbund, Frl. Maria Prümm Köln und Frl. Maria Bierschenk, Münster
  • Der Wohnraum der wachsenden Familie / Katholischer Deutscher Frauenbund, Zweigverein Köln, Frau (Klara?) Hennes, Frl. Becker
  • Kochtopfpolitik / Bildungsanstalt für hauswirtschaftliche Frauenberufe Köln Nippes, Simon-Meister-Straße, Frau Direktorin Hedwig Peschges
  • Probleme der Landfrau / Landfrauenverband, Verbindungsreferentin Assessorin (NN) Purps aus Bonn
  • Gestaltung der gesunden Frauenpersönlichkeit in Beruf und Arbeitsstätte / DAG Frau Hanna Gerig, Köln (CDU)
  • Lebensraum der berufstätigen Frau / V.w.A. (Angestelltenverband) Frl. Gertrud Hoster
  • Frauen im Dienst an der Volksgesundheit / Frau Dr. med Cardauns, Städt. Gesundheitsamt Köln
  • Die Frau in der Volks- und Völkergemeinschaft / Stadtverordnete Sibilla Hartmann (CDU)

Damit überwogen stark die katholisch-konservativen Kräfte, denn auch R. Ellscheid stand der CDU nahe oder gehörte ihr an, die Sozialbeamtin Hoster war 1929/30 kooptiertes Mitglied des geschäftsführenden Ausschusses des Frauenbeirates der Deutschen Zentrumspartei Köln.[8] Von den 'sämtlichen Frauenorganisationen' kann keine Rede sein, jedoch gründete sich z.B. der große Frauenfriedensverband WFFB erst im Oktober 1951, die SPD-Frauengruppen ASF gab es noch nicht. Zumindest die DGB Hauptabteilung Frauen (Düsseldorf) war präsent, stellte aber benachbart aus.

Assoziert waren dieser Frauenabteilung lokale AusstellerInnen wie der Verband deutscher Frauenkultur (Sitz Köln). Auch waren mehrere Gymnastikschulen mit der Zielgruppe Frau der Abteilung zugesellt:

  • Gymnastikschule Liselott Diem (Köln)
  • Gymnastikschule Anna Hermann-Kölschbach (Köln)
  • Gymnastikschule Else Lang (Köln)
  • Gymnastikschule Schwarzerden (Rhön)

In direkter Nähe in Halle IV stellten des weiteren die Landeshebammenschaften aus (Berta Goncer aus Köln war hier federführend).

Basisartikel der Frauenvertreterin

Die katholische Stadtbürgerin Eleonore Kraus/s verfasste den Artikel für den Katalog, in welchem sich 'die Frauenbewegung' zum Thema Gesundheit und Lebensmut äußerte.

Kraus/s knüpfte an den Erfahrungen des Krieges an und betonte, dass vor allem die Frauen Überlebenswillen gezeigt hätten.
Ein Ja dem Leben! Trotz vieltausendfacher Vernichtung durch den Krieg. Oder vielleicht gerade deswegen? So wie unzählige kleine Blumen auf den Ruinen erblühen, wie sich grüne Zweige überall durch Trümmerbrocken drängen und zeigen, daß die Kraft der Natur durch Menschen nicht zerstört werden kann, so ist der Wille zum Weiterleben trotz aller Angst, Unsicherheit und Bedrohung ungebrochen. Das empfindet vor allem die Frau. Ist doch sie es, die Leben schenkt und hütet. Wie sich sie nach Kriegsende in zerstörten Orten unverzüglich daran begab, wieder eine Heimstätte aufzubauen, ihrer Familie von neuem so weit wie möglich das gefühl der Geborgenheit zu geben, so war sie auch sofort bereit, in dieser Ausstellung ein entscheidendes Ja zum Leben zu spenden." [9]
Kraus/s ging von einer gegenderten Haltung zu den existentiellen Entscheidungen der Gegenwart aus und begründete sie mit biologisch basierten Argumenten. Vermutlich war es nicht so leicht, die verschiedenen Positionen zu vereinen.

Im Folgenden beschrieb sie die Konzeption der Frauenabteilung.

Literatur über die Kölner Gesundheitsausstellung

  • Grosse Gesundheitsausstellung Köln 1951, 23. Juni bis 12. August. [Katalog]. Dt. Gesundheitsmuseum e.V. Köln in Verbindung mit der Messe- und Ausstellungs-Ges. m.b.H. Köln. Bearb. von Herbert Göllner, [Köln] : [Dt. Gesundheitsmuseum] 1951. Darin u.a. Eleonore Kraus (sic): Das Ja der Frau zum Leben, S. 96-98.
  • Zur großen Gesundheitsausstellung in Köln 1951. [Frankfurt a. M.] [u.a.] [Henrich]1951. (= Schriften des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes e.V. ; 5).
  • Hiltgund Jehle: Der kalte Krieg der Frauen. Frauenvereine und Frauenorganisationen in den 50er Jahren in Köln, in: Zehn Uhr pünktlich Gürzenich, Münster 1995, S. 294-311.

weblinks

Einzelnachweise

  1. Entwicklung, Vererbung, Erziehung. Vortrag auf der Großen Gesundheits-Ausstellung Köln 1951 am 24. Juni 1951. Berlin: Morus-Verl. 1951
  2. vgl. Kalatog, o. Pag.
  3. Er hatte sich 1950 gegründet und war Nachfolger des aus der Frauenbewegung entstandenen Verband der Sozialbeamtinnen, in den in Köln viele Studierende der Hochschule für kommunale und soziale verwaltung eintraten. Vgl. Katalog der Gesundheitsausstellung, S. 86/87
  4. Selbstdarstellung im Katalog, S. 88-89, - ebenfalls durch Helene Weber.
  5. Sonderschau der Stadt Köln, in:Grosse Gesundheitsausstellung Köln 1951, 23. Juni bis 12. August. (Katalog). Dt. Gesundheitsmuseum e.V. Köln in Verbindung mit der Messe- und Ausstellungs-Ges. m.b.H. Köln. Bearb. von Herbert Göllner, Köln. Verlag Dt. Gesundheitsmuseum 1951, S. 99-100.
  6. Katalog, S. 114
  7. ebenda.
  8. Birgit Sack, Zwischen religiöser Bindung und moderner Gesellschaft, S. 442
  9. Eleonore Kraus: Das ja dfer Frau zum Leben, in: Katalog, S. 96-97, hier S. 96

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